Marktberichte

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 02.08.2024

Durch das Rauschen hindurch

In den letzten Wochen ist neben dem für Anleger gewöhnlichen Nachrichten-Mix aus Unternehmen, Volkswirtschaft und Zentralbanken eine außergewöhnlichen Menge Nachrichten aus dem politischen Spektrum auf die Märkte eingeprasselt. Welche all‘ dieser Nachrichten sind „Rauschen“ und welche könnten einen wirklich nachhaltigen Einfluss auf die Kapitalmärkte haben?

In den USA scheint nach dem Austausch des Spitzenkandidaten der Demokraten und dem Attentatsversuch auf Präsidentschaftskandidat Donald Trump das Rennen um das Oval Office weiter offen zu sein. Bei den sogenannten „Swing States“ (dazu zählen sechs US-Bundesstaaten mit erwartbar engem Wahlausgang) hatte sich zwar zuletzt ein Vorteil im Stimmungsbild für Donald Trump herauskristallisiert, zumindest das Momentum in Umfragen scheint sich aber in den letzten Tagen zugunsten der Demokraten und ihrer höchstwahrscheinlich neuen Spitzenkandidatin Kamala Harris zu verschieben. Neben den Wahlprogrammen ist vor allem wichtig, wie hoch die Chancen für eine tatsächliche Umsetzung stehen. Falls der wahrscheinliche Fall eintritt, dass es verschiedene Mehrheiten in Repräsentantenhaus und Senat geben sollte, ist mit einer merklichen Verwässerung der Vorhaben zu rechnen. Grundsätzlich gilt: Bei einem Wahlsieg von Donald Trump ist mit einer stärkeren Veränderung des Marktumfelds zu rechnen, da sich die politische Marchrichtung stärker von der bisherigen abweichen dürfte. Mit derzeit vorliegenden Informationen könnte sich ein Machtwechsel in den USA mittelfristig beispielsweise negativ auf Aktienmärkte außerhalb der USA (aufgrund potenziell aggressiver Handelspolitik zugunsten der USA) und positiv auf Gold auswirken (aufgrund einer potenziellen Aushöhlung der Unabhängigkeit der Zentralbank Federal Reserve, kurz Fed).

Von der französischen Wahl bleibt die schwierige Aufgabe einer Regierungsbildung vermutlich in Form einer Koalition. Dies ist für das französische Parteiensystem eine ungewohnte, gewissermaßen experimentelle Situation. Eine stabile Regierung mit klarer Agenda ist nicht zu erwarten. Vor allem die Rentenmärkte werden sich auf die Ausgabenpolitik eines potenziellen Bündnisses fokussieren, ein EU-Defizitverfahren wurde bereits eröffnet. Die Unsicherheit spiegelt sich im gestiegenen Zinsaufschlag („Spread“) von französischen gegenüber deutschen Staatsanleihen wider. Im zehnjährigen Bereich beträgt dieser „Spread“ (Stand Anfang August) ca. 70 Basispunkte – mit einem schnellen Rückgang auf die Spreadniveaus vor dem Ausrufen der Neuwahl ist vorerst nicht zu rechnen.

Im Nahen Osten bleibt die Situation angespannt. Ein direkter oder indirekter Schlagabtausch zwischen Israel und dem Iran kann nicht ausgeschlossen werden und dürfte einen Energiepreissprung verursachen. Der Ölpreis bewegt sich seit einem lokalen Hochpunkt im April dieses Jahres auf einem volatilen, leicht abwärts gerichteten Pfad, reflektiert also derzeit keine erhöhte Nervosität.

Was auf der fundamentalen Seite zählt: Eine sanfte Landung der US-Konjunktur nimmt immer mehr Gestalt an. Das Wachstum in den USA scheint sich moderat abzuschwächen, bleibt aber in der Nähe der Normalauslastung und damit auskömmlich. Die Inflation geht im Trend weiter zurück, der zwischenzeitliche Anstieg der Inflation im ersten Quartal dieses Jahres scheint verwunden. Das eröffnet der Fed die Möglichkeit, lauter über erste Zinssenkungen nachzudenken.

Ähnliches gilt für die Europäische Zentralbank (EZB), die ihren ersten Zinssenkungsschritt bereits gegangen ist. Sie ist allerdings mit einem im Vergleich zu den USA schwächeren Konjunkturausblick konfrontiert – inzwischen muss man leider davon ausgehen, dass die von EZB und vielen Beobachtern erwartete Konjunkturbelebung (zunächst) schwächer ausfällt als erwartet – was allerdings gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit für weitere Zinssenkungen erhöht.

Durch das Rauschen des Nachrichtenflusses hindurch betrachtet lässt sich die Situation für die riskanten Vermögensklassen insgesamt weiterhin als ausreichend positiv beschreiben. Betrachtet man die Aktienmärkte genauer, stehen einigen wenigen Unternehmen mit starker Performance eine ganze Schar von Aktien mit zuletzt moderater Performance gegenüber. Je optimistischer der Blick auf die (US-)Konjunktur ausfallen kann (was kurzfristig fraglich erscheint), und je mehr Zinssenkungen den Zentralbanken durch rückläufige Inflation ermöglicht wird, desto wahrscheinlicher scheint eine Verbreiterung der Aktienperformance auf mehr Marktsegmente.

Mit etwas Abstand vom Rauschen der Nachrichten, liegt folgende taktische Allokation für Aktien und Anleihen nahe:

  • Die globalen Aktienmärkte sollten mit einer sanften Landung der US-Konjunktur gut zurechtkommen. Dieses günstige Szenario scheint allerdings das Basisszenario der meisten Investoren zu sein, daher besteht wenig Potential für positive Überraschungen. Enttäuschungen können nicht ausgeschlossen werden.
  • Die Gewinnsaison für das zweite Quartal kann bisher als gemischt beschrieben werden, die Erwartungen waren im Vorfeld leicht höher als gewöhnlich angesetzt worden. In den USA fällt gedämpftes Umsatzwachstum leicht negativ auf, die Unternehmen können aber vielfach ihre hohen Gewinnmargen verteidigen oder sogar ausbauen. Enttäuschungen bei Gewinnen oder im Ausblick werden vergleichsweise hart bestraft.
  • Eine Verbreiterung der Marktperformance stünde den Aktienmärkten gut zu Gesicht, vor allem in den USA. Es steht zu vermuten, dass stärkeres zyklisches Wachstum und (dis)inflationsgetriebene Zinssenkungen als besonders hilfreich für Nebenwerte und andere vernachlässigte Segmente wie Zykliker angesehen werden können. Der Treiber Zinssenkungen dürfte kurzfristig mehr Potential entfalten als der Treiber Konjunkturbelebung.
  • Auf den Rentenmärkten fällt eine Versteilerung der Zinsstrukturkurve auf, diese sind inzwischen weniger invers. Mittelfristig erscheint eine weitere Normalisierung der Kurven auf beiden Seiten des Atlantiks wahrscheinlich, vor allem durch ein Absinken der Renditen am kurzen Ende. Dagegen erscheint das Potential für weiter fallende Renditen am langen Ende begrenzt.
  • Der Euro/US-Dollar-Kurs hat sich zuletzt in einem engen Seitwärtstrend bewegt. Betrachtet man die Zinsdifferenzen, könnte sich die Seitwärtsbewegung fortsetzen, womöglich mit einer Tendenz zu einem schwächeren Euro. Politische Einflüsse könnten die Kursbewegung aber jederzeit überlagern.

Investmentthema:
Niemals alle Eier in einen Korb legen

An Aktien dürfte bei der privaten Vermögensbildung aus Sicht der strategischen/langfristigen Allokation kein Weg vorbeiführen, dennoch gewinnt in unruhigen Zeiten eine alte Volksweisheit an neuer Aktualität: „Niemals alle Eier in einen Korb legen“.

Das Streuen über mehrere Anlagemöglichkeiten („Multi Asset“) fördert die Diversifikation und bringt mehr Ruhe ins Portfolio.

Das Interessante dabei: Nach der Negativ-/Niedrigzinsphase hat sich die Korrelation zwischen den beiden wichtigsten Anlageklassen, Aktien und Anleihen, wieder normalisiert. Der zuvor beobachtbare Gleichlauf scheint beendet.

Wichtig ist dabei: Die im Krisenmodus befindliche Geldpolitik, welche Aktien wie Anleihen gleichermaßen angehoben hatte, läuft wieder im Normalbetrieb. Das lässt insgesamt eine weiter niedrige, vielleicht sogar schon bald negative Korrelation erwarten. Einem Comeback von Multi Asset sollte damit nichts im Wege stehen. Es gilt die Faustformel: Aktienkurse sind volatiler als Unternehmensgewinne. Unternehmensgewinne sind volatiler als Dividendenausschüttungen.

Lassen Sie sich nicht durch das Rauschen ablenken, wünscht Ihnen

Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy


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