Marktberichte

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 04.10.2024

Locker machen

Während auf der Nordhalbkugel die lockere Sommerkleidung allmählich herbstlichen Pullovern und Jacken weicht, kann die Stimmung unter Anlegern weiter als aufgelockert und gelöst beschrieben werden. Der amerikanische Leitindex S&P 500 hat sich erneut zu Allzeithochs aufschwingen können, das deutsche Aktien-Barometer Dax hat, trotz einer herausfordernden wirtschaftlichen Situation in Deutschland, erstmals mehr als 19.000 Indexpunkte erreicht und auch Anleihe-Investoren durften sich zuletzt über Kursgewinne freuen

Einen wesentlichen Grund zur Entspannung lieferte die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed): Sie hat im September endlich ihren lange erwarteten Zinssenkungszyklus begonnen, und zwar mit einem großen Zinsschritt von einem halben Prozentpunkt. Dabei hat die Fed verdeutlicht, dass der große Zinsschritt als vorsorgliche Maßnahme gegen eine zu starke Abkühlung des Arbeitsmarktes zu verstehen ist, und nicht als verspätete Reaktion auf eine unaufhaltsame Konjunkturflaute. Damit will die Fed den Glauben an ihr großes Ziel aufrechterhalten, die Inflation mittels einer „sanften Landung“ der Konjunktur wieder in die Nähe des 2%-Ziels zurückzuführen. Dies scheint die Mehrheit der Anleger bisher als glaubwürdig anzusehen.

Durch den Beginn des Zinssenkungszyklus‘ bei der global tonangebenden Fed eröffnen sich wiederum Spielräume für viele andere Zentralbanken, ihrerseits die Geldpolitik zu lockern, ohne die eigene Währung einseitig zu schwächen. Von dieser Möglichkeit haben beispielsweise die Zentralbanken aus Indonesien, Mexiko und Südafrika Gebrauch gemacht.

In besonderem Maße scheint die Fed allerdings Chinas Wirtschaftsführer ermutigt zu haben, mehr für die schwächelnde Konjunktur im Inland zu tun. Nach einem schwachem Konjunkturverlauf, welcher zunehmend das Ziel von 5 Prozent Wirtschaftswachstum in diesem Jahr gefährdete, entwickelte sich in der zweiten Septemberhälfte die Dringlichkeit, neue Maßnahmen zur Stützung von Konsum und Immobilienmarkt voranzubringen. Dazu zählen monetäre Maßnahmen wie die Senkung von Leit- und Hypothekenzinsen oder die Senkung der Mindestreserveanforderungen für Banken sowie regulatorische Maßnahmen wie geringere Anzahlungen beim Ankauf einer zweiten Immobilie. In einer weiteren Verlautbarung haben die chinesischen Behörden auch fiskalische Maßnahmen in Aussicht gestellt. So stehen Finanzspritzen zur Rekapitalisierung von Banken, zur Ankurbelung des Konsums und für die Übernahme von Schulden der Regionalregierungen durch die Zentralregierung im Raum. Da dieses Bündel an Maßnahmen alle Erwartungen übertroffen hat, kam es auf den chinesischen Aktienmärkten nach langer Durststrecke zu einem Kursfeuerwerk.

Auch in der Eurozone stehen die Zeichen weiter auf geldpolitische Lockerung – die Kombination aus rückläufiger Inflation und schwächelnden Konjunkturdaten dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) dazu bringen, zumindest verstärkt über eine erneute Senkung des Leitzinses im Oktober nachzudenken.

Vergleichsweise locker gehen die Anleger bisher auch mit dem wichtigsten politischen Ereignis des Jahres um, den Präsidentschaftswahlen in den USA. Die in den Wochen vor der Wahl oft vernehmbare Unsicherheit bei Aktienanlegern hat sich bisher noch nicht Bahn gebrochen, einige zeitweilige Rücksetzer im Oktober wären aber nicht ungewöhnlich.

So lässt sich zusammenfassend festhalten, dass eine gleichzeitige geldpolitische Lockerung in der weltweit größten Volkswirtschaft USA und eine lange geforderte fiskalische Stimulierung der zweitgrößten Volkswirtschaft China die Anleger zunächst weiter hoffnungsvoll nach vorne blicken lassen.

Das derzeit vorherrschende Umfeld geldpolitischer Lockerungen legt folgende taktische Allokation für Aktien und Anleihen, sowie Währungen nahe:

  • Die Aktienanleger glauben weiter fest an eine sanfte Landung der US-Wirtschaft, also daran, dass die nun zu Ende gegangene Straffung der Geldpolitik nicht in eine Rezession münden wird. Dies spiegelt sich in erhöhten Bewertungen und eher optimistischen Gewinnerwartungen. Völlig ausschließen lässt sich eine schnelle und sich selbst verstärkende Abkühlung am Arbeitsmarkt jedoch nicht.
  • Die kräftige Senkung zu Beginn des Zyklus signalisiert jedoch, dass die Fed die konjunkturellen Abwärtsrisiken genau im Blick hat. Mit rückläufiger Inflation ist das Sicherheitsnetz der Zentralbanken für die Aktienmärkte wieder etwas enger geschnürt. Somit dürften die Chancen bei Aktien zunächst überwiegen.
  • Außerhalb der USA finden Anleger ganz unterschiedliche konjunkturelle Hintergründe vor. In der Eurozone dominieren Abwärtsrisiken, während in China Hoffnung auf Besserung geschürt wird. In Japan erscheint die Wirtschaft ausreichend robust, derzeit dominiert die Entwicklung des Yen das Marktgeschehen.
  • Der US-Aktienmarkt steht wieder auf breiteren Beinen, er wird nicht mehr von wenigen Technologiekonzernen dominiert. Dies eröffnet Chancen für die aktive Aktienauswahl.
  • Die Staatsanleihemärkte sind im Vergleich zu den Aktienmärkten empfänglicher für konjunkturelle Abwärtsrisiken. Sie preisen schnelle Leitzinssenkungen bis etwas unterhalb derjenigen Niveaus ein, wo Zentralbanken wie Fed und EZB jeweils ihren „neutralen“ Gleichgewichtszins vermuten. Das bedeutet, dass sich Chancen auf weitere Kursgewinne bei Anleihen vorwiegend im Risikoszenario einer Rezession ergeben dürften.
  • Im Kontrast dazu sind die Risikoprämien für Kreditausfälle bei Unternehmensanleihen sehr gering, dieses Marktsegment reflektiert also ein optimistisches Konjunkturszenario.
  • Der US-Dollar könnte nach einer Durststrecke wieder moderat gegenüber Währungen wie dem Euro aufwerten. Die amerikanische Konjunktur erscheint insgesamt robuster als in den meisten anderen Regionen, anderswo könnte es womöglich zu schnelleren Zinssenkungen kommen.

Investment-Thema: Zinswende

  • Die Zinswende ist da. Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) haben die ersten Schritte unternommen. Sie sind dabei nicht allein.
  • Mit Ausnahme der Bank of Japan (BoJ), die den anderen Weg eingeschlagen hat, sind noch viele weitere Zentralbanken dabei ihre Leitzinsen nach unten zu schleußen. Die Inflationsraten geben es her.
  • Gut für die Wirtschaft – nicht gut für die Anhänger des Sparbuchs. Denn mit den Leitzinsen werden auch die Guthabenzinsen der Banken (weiter) sinken. Und dieser Prozess hat erst begonnen. Wenn man dann noch die Inflation einberechnet, bleibt nicht mehr viel. Zeit zu handeln. Aber: Wohin mit dem Geld?
  • Auch wenn sich Vergangenheits-Performance so nie wiederholt, lehrreich sind die bisherigen Zinssenkungszyklen und wie die unterschiedlichen Vermögensklassen darauf reagiert haben dennoch.
  • Um dies zu untersuchen, haben wir die vergangenen neun Zinssenkungszyklen der US-Fed bis 1981 zurück untersucht. Es wurde errechnet, welche Vermögensklasse über den Zeitraum von der ersten bis zur letzten Zinssenkung im Vergleich zum Geldmarkt als alternativer Anlage reagiert hat.
  • Was sich zeigt ist, dass (US-)Staatsanleihen aber auch Schwellenländer- und Unternehmensanleihen einen positiven, zusätzlichen Ertrag gegenüber der Geldmarktrendite gebracht haben. Aktien dagegen haben schlechter abgeschnitten.
  • Interessant wird es, wenn die neun Zyklen unterteilt werden in solche, die in eine Rezession mündeten und solche, bei denen die Rezession verhindert werden konnte. In letzterem Szenario haben sowohl Aktien als auch Anleihen besser als der Geldmarkt abgeschnitten.
  • Wer auf ein Szenario der „sanften Landung“ setzt (bei dem eine Rezession entsprechend vermieden wird), für den könnten sowohl Anleihen als auch Aktien interessant sein, denn wenn die Zinsen sinken, sollten sich Anleger überlegen, ob sie einfach zusehen wollen, wie ihre Erträge abschmelzen, oder ob sie nach Alternativen suchen.

Bleiben Sie locker, wünscht Ihnen

Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy


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