Geht es nach der Stimmung der Einzelwertanalysten, so ist die Richtung klar: Die US-Wirtschaft kommt gar nicht erst zur „Landung“, ob nun „hart“ oder „weich“ – die Landung bleibt komplett aus. China schafft es nicht, die Analysten von einem stabilen Aufwärtstrend der Konjunktur zu überzeugen. Nach einer längeren Erholungsphase im Sentiment zwischen dem zweiten Quartal 2023 und dem ersten Quartal 2024 nahm die Zuversicht zuletzt wieder ab, wenn gleich sie im Saldo positiv geblieben ist. Anders Deutschland. Für die Bundesrepublik hat sich das Bild bzgl. der Zukunftsaussichten derweil deutlich eingetrübt. Eine Trendwende ist im Meinungsbild nicht erkennbar. So zumindest ergibt es die Auswertung über die letzten Monate von mehr als 54.000 Analystenzitaten aus internationalen Wirtschaftsleitmedien gem. des Medienforschungsinstituts Media Tenor.
Die monatliche Umfrage der Bank of America unter den Fondsmanagern (Stand Mitte Juni 2024) spiegelt da noch ein anderes Bild wider. 64% der befragten Fondsmanager gehen von einem „soft landing“ aus. Eine deutliche Zunahme gegenüber dem Vormonat. Immerhin 26% erwarten – bei einer leicht rückläufigen Entwicklung – ein „no landig“. Stimmungsbilder sind aber noch keine Vorwegnahme der Entwicklung. Sie zeigen hier vor allem auch, dass es zwischen der Bottom-Up-Analyse der Unternehmensanalysten und dem „Top-Down“ der volkswirtschaftlichen Betrachtung zu Divergenzen kommen kann. Dazwischen die Fondsmanager, die ihre Strategien umsetzen. Stimmungstests sollten da nicht ausbleiben.
Stimmungstest 1: Das Makrobild. Das Stimmungsbild der Analysten steht teilweise im Widerspruch mit der makroökonomischen Entwicklung. Spannend wird es zu sehen, ob das Analystensentiment mit Blick auf die USA der dortigen Konjunkturlage vorausläuft. Tatsächlich weist der von Allianz Global Investors ausgewertete, sehr breite makroökonomische Datenkranz auf ein „soft landing“ Szenario hin, dass gerne mit dem Goldlöckchen-Szenario verbunden wird: Die Konjunktur schwenkt auf einen Pfad entlang des Potenzialwachstums ein und läuft weder zu heiß noch zu kalt, um für Inflation zu sorgen. Zwar hat sich der Markt mittlerweile auf nur noch eine Zinssenkung der US-Zentralbank Federal Reserve eingestellt, könnte aber schnell enttäuscht werden, wenn der Inflationsrückgang in den USA ausbleibt.
Das wäre dann mit dem medialen Stimmungsbild des „no landings“ vereinbar, das vermutlich mit dem Preis ausbleibender Zinsschritte einherginge – oder sogar mit einer Anhebung. Das sich auffällig negativ entwickelnde ökonomische „Meinungsklima“ (Nölle-Neumann) für Deutschland spiegelt sich mit der aktuellen ökonomischen Lage. So zeigt sich z.B. das zwischenzeitliche Aufbäumen des ifoGeschäftsklimaindexes als nur von kurzer Dauer.
Mit Blick auf China bleibt es spannend, ob die zuletzt zu beobachtenden Mittelzuflüsse aus dem Ausland nur ein Strohfeuer waren – worauf die Analystenstimmung schließen lässt – oder ob die Maßnahmen der chinesischen Regierung zur Stabilisierung des Immobilienmarktes zu einem Stimmungsumschwung führen.
Stimmungstest 2: Staatsschulden sind wieder zurück auf der Agenda.
Die Wahlprogramme von Republikanern und Demokraten in den USA sind in der Summe ausgabenfreudig. Besonders das Lager von Präsidentschaftskandidaten Donald Trump scheint sich wenig um Gegenfinanzierungsmaßnahmenverlängerter Steuersenkungen zu sorgen.
In Frankreich beginnt nach dem zweiten Durchgang der Wahlen zur Nationalversammlung die Regierungsbildung. Schon die Vorbereitungen zum ersten Wahldurchgang und die zu erwartend neuen Mehrheitsverhältnisse machten sich bei Anleihen, wie Aktien und dem Euro bemerkbar. In Frankreich zeichnet sich eine weiter zunehmende Ausgabenfreudigkeit ab. Schon jetzt ist die Haushaltslage mehr als angespannt. Würden die vom Rassemblement National geplanten Ausgaben und Steuerbefreiungen in voller Höhe durchgezogen, so schätzt das Institut Montaigne, käme es zu einem zusätzlichen Anstieg des jährlichen Budgetdefizits von jährlich 3,5% des Bruttoinlandsprodukts. Dass die Refinanzierungskosten bei gestiegenen Risikozuschlägen der französischen gegenüber deutschen Staatsanleihen gestiegen sind, kann disziplinierend wirken. Der Risikozuschlag als Warnsignal. Je länger er erhöht bleibt, desto teurer wird es. Zu beachten ist: Zwar hält die Europäische Zentralbank (EZB) nach ihren üppigen Anleihekaufprogrammen 21% der ausstehenden französischen Staatsanleihen, aber der Anteil ausländischer Schuldner hat sich über die letzten Jahre nicht verringert, sondern verharrt bei ca. 50%.
Stimmungstest 3: Die Risikotragfähigkeit der Märkte. Die Sorglosigkeit ist groß, wie ganz unterschiedliche Risikomaße für die Märkte belegen. Die erhöhten Renditezuschläge französischer Anleihen, die latent auch auf italienische und spanische übergegriffen haben, scheinen da geradezu ein Ausreißer zu sein. Die Risikozuschläge für Kreditausfälle sind stabil. Von finanziellem Stress ist nichts zu sehen. Im Gegenteil. Der von der EZB berechnete „Composite Systemic Stress Index“ (CISS) ging für die Euroländer weiter zurück und scheint die Wahlen in Frankreich geradezu auszublenden. Unser für die USA gemessene „SchwerelosigkeitsIndikator“, der das Kurs-Gewinn-Verhältnisse für den S&P 500 in Relation zum Volatilitätsindex VIX als Proxy für das Risiko setzt, bewegt sich in luftigen Höhen. Mit der Geopolitik im Hinterkopf, können gerade in einer derartigen Situation Stimmungstests nicht ausgeschlossen werden.
Das legt folgende taktische Allokation für Aktien und Anleihen nahe:
- Aktien sollten von der Markterwartung fallender Leitzinsen bei weiterhin positiven Wachstumsdaten profitieren.
- US-Aktien weisen auf Indexlevel erhöhte Bewertungen auf – was die Erwartung einer „sanften Landung“ widerspiegelt. Aktien der Eurozone erscheinen insgesamt neutral bewertet, während Aktien des Vereinten Königsreichs und der aufstrebenden Länder günstig erscheinen.
- Für internationale Investoren bietet sich in Anbetracht der politischen Unsicherheiten rund um Frankreich und Europa, eine Bevorzugung des US-Dollars an. Dieser gilt als „sicherer Hafen“ und sollte weiter von einer positiven Zinsdifferenz gegenüber dem Euro profitieren.
- Wir dürften uns am Beginn eines Zinssenkungszyklus befinden, den einige Zentralbanken, incl. der EZB, bereits (vorsichtig) eingeläutet haben. Weltweit waren über die letzten sieben Monate mehr Leitzinssenkungen als Anhebungen zu sehen.
- Der Zinssenkungszyklus lässt eine Normalisierung/Versteilerung der Zinsstrukturkurven des Euroraums erwarten.
- Dabei sollten sich höhere Gleichgewichtsrenditen einstellen, als diese über die letzten 10 Jahre zu beobachten waren.
Investmentthema:
Niemals alle Eier in einen Korb legen
- Die Aktienmärkte hatten einen guten Lauf. Das Wachstum zeigt sich als solide. Die Geldpolitik von Fed und EZB stören wenig, bzw. der Ausblick auf (weiter) sinkende Zinsen begünstigt eher.
- Trotzdem ist die Frage berechtigt: Bleibt es dabei? Spätestens die Geopolitik dürfte immer wieder für Überraschungen gut sein.
- An Aktien dürfte bei der privaten Vermögensbildung kein Weg vorbeiführen, dennoch gewinnt eine alte Volksweisheit an neuer Aktualität: „Niemals alle Eier in einen Korb legen“. Das Streuen über mehrere Anlagemöglichkeiten („Multi Asset“) fördert die Diversifikation und bringt mehr Ruhe ins Portfolio.
- Das Interessante dabei: Nachdem die üppige Geldpolitik, welche Aktien wie Anleihen gleichermaßen beflügelte, zurückgetrimmt wurde, hat sich die Korrelation zwischen den beiden wichtigsten Anlageklassen, Aktien und Anleihen, wieder normalisiert. Der zuvor beobachtbare Gleichlauf scheint beendet.
- Einem Comeback von Multi Asset sollte damit kaum etwas im Wege stehen. Wir bewegen uns in einer guten Phase, um die langfristige Struktur der Kapitalanlage entlang der eigenen Risikobereitschaft und Ertragserwartung zu überdenken.
- Das ist der Mühe wert. Einmal festgelegt, kann man sich, einem Odysseus gleich, an diese Strategie binden und potenzielle Unwetter an den Kapitalmärkten umsegeln.
Gute Stimmung wünscht Ihnen
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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