Fast zwei Jahre nach Ausbruch der Pandemie sind die Kapitalmärkte mit einer kniffligen Mixtur konfrontiert: Die Konjunkturdaten kühlen sich – ausgehend von den extrem hohen Niveaus des Wiedereröffnungsbooms – wieder ab, während die Inflationsraten weiter steigen und weiterhin höher als erwartet ausfallen.
Zwischen diesen beiden Entwicklungen lässt sich eine Verbindung herstellen: sogenannte „Flaschenhals“-Problematiken. Aus Mangel an Vorprodukten – und das vielzitierte Beispiel Halbleiter ist nur das prominenteste – sinkt die Kapazitätsauslastung in Fabriken. Aus Mangel an Transportkapazitäten brauchen die produzierten Waren in vielen Fällen länger zum Handel. Dann wartet eine Schar konsumfreudiger Kunden auf die weniger gewordenen Waren und ist im Zweifel entweder bereit oder gezwungen, mehr dafür zu bezahlen.
Besonders eng erweisen sich gerade die Energiemärkte. Die Preise für Erdgas haben sich zuletzt vervielfacht und auch die Ölpreise steigen an. Dies merken wir alle bei den Heizkosten und an der Tankstelle. Auch Transportkosten steigen.
Die genannten Trends erinnern manche an die Stagflation der 1970er Jahre. Aber ist das wirklich eine gute Blaupause für die heutige Situation? Wir denken nein, und die zwei wichtigsten Gründe dafür lauten:
- Das Wirtschaftswachstum ist weit weg von Stagnation. Das Wachstum kühlt sich zwar ab, bleibt aber robust. Gängige Modelle zeigen nahezu nicht vorhandene Rezessionsrisiken an.
- Der Angebotsschock bei Öl verhält sich derzeit deutlich moderater als während der 1970er Jahre. Die Zwei-JahresVeränderungsrate des Ölpreises lag Mitte der 1970er Jahre bei annähernd 150 %, derzeit liegt sie im Bereich von 20-25 %.
Es ist anzunehmen, dass sich ein größerer Teil der derzeitigen Inflationstreiber im Laufe des Jahres 2022 wieder normalisieren dürfte. Aber: Auch stetigere Komponenten des Warenkorbes wiesen zuletzt hohe Steigerungsraten auf. Hier sind vor allem die Mietpreise in den USA zu nennen. Auch die Löhne ziehen in den USA an, während an dieser Stelle die Entwicklung in der Eurozone zunächst noch verhaltener ausfällt. Lohnforderungen orientierten sich in der Vergangenheit allerdings oft an den gerade beobachteten Inflationsraten. In Verbindung mit Arbeitskräftemangel für immer mehr Berufsgruppen dürften auch hier die Löhne in den nächsten Quartalen anziehen.
Dies ergibt eine knifflige Gemengelage für die Zentralbanker. Inflation scheint sich als höher und zäher herauszustellen als zunächst gehofft. Ein Zurückdrehen der in der Pandemie gestarteten Anleihekaufprogramme wird nun allgemein erwartet. Aber Zinsmärkte gehen zunehmend einen Schritt weiter: Bis Ende 2023 wurden in den letzten Wochen mindestens drei Zinserhöhungen für die Federal Reserve eingepreist, nach zuvor nur etwas mehr als einer Zinserhöhung. Für die Bank of England wird nun sogar ein erster Zinsschritt noch in diesem Jahr erwartet. Auch wenn das Zinsniveau, vor allem im Verhältnis zur Wirtschaftsaktivität gering bleibt, so erhöht sich die Unsicherheit in diesen Marktsegmenten.
Als nicht besonders knifflig hat sich das Umfeld bisher für die Aktienmärkte erwiesen. Diese können auf weiter widerstandsfähige Gewinnberichte bauen. Und die teilweise recht hohen Bewertungen lassen sich noch durch sehr tiefe Realzinsen rechtfertigen. Einfacher dürfte es aber auch für die Aktienmärkte in nächster Zeit nicht werden.
Taktische Allokation Aktien & Anleihen
- Die knifflige Mixtur aus nachlassendem Wachstum und höheren Inflationsraten sorgt derzeit besonders auf den Anleihemärkten für Schwankungen. Sie nehmen wahr, dass insbesondere die US-Notenbank Federal Reserve mit dem neu eingeführten Durchschnittsinflationsziel ihre Reaktionsfunktion auf ansteigende Inflationsraten noch nicht in der Praxis erprobt hat
- US-Staatsanleihen konnten während des Sommers von einer unterstützenden Kombination aus Angebot und Nachfrage profitieren. Diese Unterstützung könnte sich nun umkehren: Die Federal Reserve dürfte bald weniger kaufen (Stichwort „Tapering“), und die US-Regierung dürfte wieder mehr Anleihen emittieren (z. B. zur Finanzierung der Infrastrukturpakete). Das deutet neben steigender Inflation auf höhere Renditen (und fallende Preise) hin.
- Als Verkörperung von realen Unternehmensbeteiligungen konnten Aktien historisch Inflationsraten bis ca. 4% in den Industrieländern recht gut wegstecken. Anleihen dagegen leiden bei hoher Inflation, sie verkörpern eine nominale Anlageklasse.
- Die Zuflüsse in Aktienfonds halten weiter an. Hierbei dürfte das Niedrig-/Negativzinsumfeld ein wichtiger Treiber sein.
Machen Sie es sich nicht zu knifflig,
Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy
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