In der abgelaufenen Woche schlugen gleich mehrere Stunden der Wahrheit, nicht nur, dass die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) ihre Entscheidung bzgl. des weiteren Beschreitens des Zinspfades bekannt gab, viel bedeutungsvoller noch: In den USA fanden die Präsidentschaftswahlen und Wahlen zu beiden Häusern des Kongresses statt. Zwar wird gerne die alte Börsenweisheit „politische Börsen haben kurze Beine“ zitiert, aber es wäre zu kurz gegriffen, diese scheinbare Weisheit einfach auf das Hier und Heute zu übertragen. Das Wahlergebnis ist, gerade aus dem Blickwinkel der Konjunktur, bedeutsam. Zu den Schlüsselbereichen, in denen der Präsident, respektive die Präsidentin, ohne große Beteiligung des Kongresses Veränderungen bewirken kann, gehören Handel (Zölle), Außenpolitik, Regulierung und Klimapolitik. Der Kongress kontrolliert die Bundeskasse, was bedeutet, dass ein Präsident für die meisten Politiken, die sich auf Steuern und Ausgaben auswirken, Mehrheiten im Repräsentantenhaus und im Senat haben muss. Dabei zeigt sich, dass beide Kandidaten ausgabenfreudig sind, was zumindest kurzfristig gut für die Konjunktur sein sollte.
Die US-Aktienmärkte scheinen in den Tagen vor der Wahl einen Sieg Donald Trumps antizipiert zu haben. Die gestiegenen Kurse nähmen die von Donald Trump versprochenen Steuersenkungen, bzw. die Verlängerung der von ihm nur temporär eingeführten Senkungen, vorweg. Dadurch würden sich auch die erhöhten Bewertungen relativieren. Eine ähnliche Entwicklung spiegelt sich auch in den Inflationserwartungen wider. Während für die Eurozone auf Sicht eines Jahres weiter leicht fallende Inflationsraten erwartet werden, stiegen die Inflationserwartungen für die USA leicht an. Grund könnte hier sein, dass die Zölle als Teil Trump’scher Politik bereits eskomptiert werden.
Die Woche voraus
In der neuen Woche werden einige Konjunkturdaten veröffentlicht, die jedoch in der Summe wenig Überraschendes erwarten lassen. D.h. die Auswirkungen auf den Markt sollten von Seiten der Konjunktur eher gering sein.
Am Dienstag steht die finale Verbraucherpreisentwicklung für Deutschland an. Am Mittwoch kommt die (Kern-)Inflationsrate für die USA. Die Produzentenpreise (ebenfalls für die USA) folgen dann am Donnerstag. Ausreißer, die eine Änderungen der Geldpolitik erwarten lassen, sind kaum zu erwarten. Bei den ZEWKonjunkturerwartungen für Deutschland (Dienstag) bleibt abzuwarten, ob diese der kaum merklichen Verbesserung des ifo-Geschäftsklimaindexes folgen. Am Donnerstag kommen dann mit der Industrieproduktion und der FlashSchätzung für das Bruttoinlandsprodukt im 3. Quartal der Eurozone (stark) nachlaufende Datensätze. Am Freitag stehen dann noch die Industrieproduktion für China und der (weniger beachtete) Empire State Index für das verarbeitende Gewerbe der New York Fed auf der Agenda.
In der kommenden Woche gilt es jetzt vor allem die Wahlergebnisse in den USA und ihre Auswirkungen auf Konjunktur, Geld- und Geopolitik weiter zu verfolgen. Für Unsicherheiten ist gesorgt. Last not least bleibt die Geopolitik auf der Agenda. Stichwort: Naher Osten. Daneben fällt auf, dass für einige Regionen der Welt die Berichterstattung zu wirtschaftspolitischen Themen von steigender Unsicherheit zeugt. So zumindest der „Economic Policy Uncertainty Index“ („Index wirtschaftspolitischer Unsicherheit“). Dieser Indikator liest aus der nationalen Berichterstattung Themen rund um die ökonomische und wirtschaftspolitische Entwicklung aus, wobei er mit Risiko und Unsicherheit behaftete Meldungen zu einem Indikator aggregiert. Während sich dieser Indikator interessanterweise für die USA um die neutrale Marke bewegt, ist die Gesamtberichterstattung global – und hier besonders für Europa – deutlich von einer die wirtschaftlichen Risiken betonenden Nachrichtenlage geprägt. Europa wird dabei von der Berichterstattung aus Deutschland geprägt.
Mit erhöhter Volatilität in den kommenden Wochen sollte gerechnet werden, wobei sich die technische Lage als stabil zeigt, und Risikoindikatoren, wie z.B. Swap-Spreads oder der CISS (Composite Systemic Stress Index) der Europäischen Zentralbank (EZB) sowie der Financial Stress-Index der Fed von St. Louis auf eine entspannte Lage hindeuten.
Unaufgeregte Stunden wünscht Ihnen,
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research