Irgendwann musste sie kommen, die Frage nach der Jahresendrallye. So kurz vor Weihnachten ist es höchste Zeit. Dabei scheint die Frage eher unpassend. Die Weltwirtschaft zeigte zwar, trotz unruhigen Umfelds, im November einige Anzeichen einer Stabilisierung. Unser proprietärer Makro-Breiten-Indikator („Macro Breadth Index“) verzeichnete zum ersten Mal seit fünf Monaten einen kleinen Anstieg. Diese Verbesserung wurde hauptsächlich von den Vereinigten Staaten, der Eurozone und Japan getragen, während sich die Bedingungen in Großbritannien und weiten Teilen der Schwellenländer einschließlich Chinas weiter abschwächten. Die Konjunktur bleibt aber überschattet von den Imponderabilien der neuen Covid-19-Variante. Gut nur, dass ein PharmaProduzent in der abgelaufenen Woche mit der Meldung aufwarten konnte, dass seine auf Antikörpern basierte Therapie gegen das Virus auch gegen Omikron helfen sollte. Von den Märkten wurde das verständlicherweise positiv aufgenommen. Anhaltende Champagner-Laune ist das aber wohl noch nicht.
Die Woche voraus
Die Datenlage der neuen Woche dürfte in der Summe für die Märkte eher unspektakulär verlaufen, wenngleich auch interessante Indikatoren anstehen. Für den TANKAN, den breiten Frühindikator Japans, der gleich am Montag kommt, wird ein leichter Zugewinn erwartet. Für den Dienstag stehen u.a. die Industrieproduktion für die Europäische Union an, sowie die Produzentenpreise für die USA. Im Vormonatsvergleich wird ein etwas geringerer Anstieg als zuvor erwartet. Am Mittwoch dann kommen die Industrieproduktion für China und der Empire-Index für das Verarbeitende Gewerbe in den USA, gemeinsam mit den Einzelhandelsumsätzen. Am Donnerstag folgen der Markit-Einkaufsmanagerindex für die Eurozone und die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe (USA). Dazu die Industrieproduktion, der Geschäftsausblick der Philadelphia Fed und der Markit Einkaufsmanagerindex (jeweils USA). Den Schlusspunkt setzt dann am Freitag der ifo-Konjunkturklimaindex für Deutschland.
Kurz vor Weihnachten beglücken uns noch zwei Zentralbanken mit ihren geldpolitischen Entscheidungen. Am Dienstag tagt die Federal Reserve (Fed), am Donnerstag folgt die Europäische Zentralbank (EZB). Fed-Chef Powell hat bereits angekündigt, dass er die Beschreibung „transitory“ („vorübergehend“) mit Blick auf die Inflationsentwicklung in Rente schicken will, was insgesamt für eine zukünftig schneller versiegende Liquiditätsbereitstellung spricht. Darauf sollten die Märkte aber schon weitestgehend eingestellt sein. Spannender wird es um die EZB. Dass sie uns den Gefallen (!) tut über den Abbau ihres Corona bedingten PEPPAnleihekaufprogramms hinaus noch weitere Maßnahmen in den Blick zu nehmen, bleibt eher unwahrscheinlich. Die Beendigung des PEPPProgramms ist zwar bereits angekündigt worden, angesichts der inzwischen wieder verschärften Pandemielage steigt aber die Unsicherheit für alle Entscheidungsträger. Gleichzeitig erhöht sich der öffentliche Druck aufgrund der zuletzt gemeldeten Inflationsraten. Eine Zinserhöhung in der Eurozone dürfte allerdings für das Jahr 2022 weiter nicht zur Debatte stehen. Im Gegensatz zu den USA bleibt zudem der mittelfristige Inflationsdruck von Seiten der Löhne und des Immobilienmarktes gedämpfter.
So oder so gilt aber schon jetzt: Wir gehen auch ins neue Jahr mit einer Menge billigen Geldes, was vom Grundtenor her die Risikobereitschaft stützen sollte. Mit Blick auf die Preisentwicklung bleibt anzufügen: Es bestehen erhöhte Risiken, dass der Inflationsdruck, nicht zuletzt wegen übermäßigen Wachstums der Geldmenge, struktureller Faktoren wie z.B. der Deglobalisierung, der Alterung der Gesellschaften und des Kampfs gegen den Klimawandel, anhält. Dieses Thema wird uns noch länger begleiten.
Kommt also die Jahresendrallye?
Die Gemengelage zum Jahresende hin ist damit insgesamt nicht einfach. Von den Konjunkturdaten könnte Unterstützung kommen. Die US-Daten waren zuletzt sehr stark, und auch die Sentimentindikatoren in der Eurozone zeigten sich trotz Gegenwinds robust. Die Geldpolitik mit ihrem latenten „Weniger ist mehr“, noch dazu mit Raum für Überraschungen (die vom Markt allerdings eher negativ goutiert werden sollten) kann für Verschnupfung sorgen. Dazu kommt noch „Omikron“, was für negative wie für positive Überraschungen gut sein kann. Die geopolitische Lage ist auch nicht gerade weihnachtlich.
Auf Seiten der Markttechnik schweben die Relative-Stärke-Indikatoren für die wichtigsten Märkte im neutralen Bereich, zeigen also keinen unmittelbaren Abgabedruck. Unser „Schwerelosigkeitsindikator“, der das ShillerKurs-Gewinn-Verhältnis mit der Volatilität des US-amerikanischen Marktes in Relation setzt, hat durch die gestiegene Volatilität an Bodenhaftung gewonnen. Dazu die Risikoprämien. Sie zeigen im längerfristigen Rückblick aus globaler Brille keine Übertreibung an. Wenn alle Vermögensgattungen, egal ob Aktien oder Anleihen, im historischen Rückblick absolut betrachtet hoch bewertet sind, hilft die relative Beurteilung: Solange sich das Niedrig- /Negativzinsumfeld fortschreibt, solange gibt es mit Blick auf 2022 noch keinen Grund zum Trübsal blasen.
Kurz: Mit der Jahresendrallye dürfte es schwierig werden, aber wir hatten ja bis in den November hinein fast das gesamte Jahr, wenn schon keine „Jahresendrallye“ so doch eine „Jahresrallye“, wenn auch mit gelegentlichen Boxenstopps.
Eine erfolgreiche Jahresendrallye wünscht Ihnen
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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