Der Wille der Aktienmärkte weiter nach oben vorzustoßen, scheint ungebrochen. Einige der wichtigsten Indikatoren erreichten zwischenzeitlich neue Allzeithochs. So notierte der S&P 500 phasenweise über der 5.000’er Marke. „Die glorreichen 7“ („Magnificent 7“) machen dabei alleine 30% des Marktwertes aus. Japanische Aktien erreichten in der Vorwoche ein 34- Jahreshoch. Der DAX schrammte an den 17.000 Indexpunkten entlang.
Dass Märkte, in Anlehnung an den Philosophen Arthur Schopenhauer (1788 – 1860)1 , dabei zum einen als Willen, zum anderen nur als unsere Vorstellung gegeben sind, muss sich an den harten Fakten der Realität erst noch erweisen.
Die Vorstellung baldiger Zinssenkungen sollte durch die teils überraschend robusten Konjunkturdaten der letzten Wochen weiter ins Wanken geraten. Dieser Realitätscheck wird durch die jüngsten Äußerungen der wichtigsten Zentralbanken unterstützt, die weiterhin die Tür für eine lockerere Politik im Laufe dieses Jahres öffnen, aber den Markterwartungen von unmittelbar bevorstehenden Zinssenkungen bereits ab März entgegenwirken. Aus guten Gründen, denn die Vorstellung eines „soft landing“ bei gleichzeitig rückläufigen Inflationsraten muss nachjustiert werden. Unser globaler MakroIndikator stieg im Januar den zweiten Monat in Folge, angetrieben von Verbesserungen sowohl in den Industrie- als auch in den Schwellenländern. In den Vereinigten Staaten, der Eurozone und dem Vereinigten Königreich stiegen die Wirtschaftsdaten in Folge an, wenngleich sich die Eurozone (ganz zu schweigen von der deutschen Ökonomie) sehr träge entwickelte und Japan an Schwung verlor. In China legten die Makroindikatoren den fünften Monat in Folge leicht zu, was auf eine anhaltende, aber ungleichmäßige Stabilisierung des Bruttoinlandsprodukt-Wachstums hindeutet. Die Entwicklung in anderen Schwellenländern war uneinheitlicher. Partiell kam es zu Rückschlägen. Die Rezessionswahrscheinlichkeit für die US-Wirtschaft ist nach unserem kurzfristig orientierten, auf MakroDaten beruhenden Prognosemodell weiter gesunken. Aus der Welt ist das Risiko aber noch nicht. In den nächsten Wochen und Monaten muss es sich jetzt entscheiden, ob die Ökonomie zu einer harten oder weichen Landung ansetzt.
Dabei könnte sich eine ganz andere Verbindung von Willen und Vorstellung zeigen. Zerlegt man den Indikator der Universität von Michigan für das Konsumentenvertrauen, so zeigt sich eine auffällige Divergenz zwischen jenen Befragten, die sich zum Camp der „Republicans“ und jenen die sich zu den „Democrats“ zählen. Die „Demokraten“ unter den Befragten sind deutlich besserer Stimmung als die „Republikaner“. Dabei kam es 2021 zu einer auffälligen Verkehrung der Stimmung. Wahlabsichten im Licht der ökonomischen Lageeinschätzung und umgekehrt. Gibt es zwei Realitäten, da zwei unterschiedliche Vorstellungen?
Die Woche voraus
Umso wichtiger werden die Konjunkturindikatoren in den kommenden Wochen. Der Kalender lässt wenige, aber durchaus bedeutungsvolle Indikatoren erwarten. Den Auftakt macht Japan mit den Auftragseingängen im Maschinenbau (Montag). Am Dienstag wird der Index der Frühindikatoren für die USA erwartet. Der Konsensus der Ökonomen stellt sich auf einen Rückgang ein, was allerdings von den Protokollen der letzten Sitzung des geldpolitischen Ausschusses der Federal Reserve Bank („Fed“; Mittwoch) kaum erwarten lässt, dass diese in Richtung baldiger Zinslockerungen gedeutet werden können. Über den Donnerstag hinweg ergießen sich eine Reihe an Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone und deren Mitgliedsländer, für Japan, das Vereinigte Königreich und die USA über die Märkte. Dazu kommen die wichtigen Erstanträge auf Arbeitslosigkeit aus den USA. Der Arbeitsmarkt zeigt sich dort auf dem Weg einer vorsichtigen Normalisierung. Von einer die Fed beruhigenden Abkühlung kann aber noch keine Rede sein. Den Abschluss bilden das GfK Konsumentenvertrauen für Großbritannien und das ifo-Geschäftsklima für Deutschland. Nach den fast kontinuierlichen Rückgängen quer über Lageeinschätzung und Stimmung und die Sektoren hinweg, kann man nur hoffen, dass es zu Zeichen einer Bodenbildung kommt.
Die technische Verfassung an den Aktienmärkten ist derweil latent brüchig. Zwar gehen an den wichtigsten Märkten von den 30- und 200-Tagelinien keine Verkaufssignale aus, und die Marktbreite hat (gemessen an den Advance-Decline-Linien, welche die Anzahl der gestiegenen in Relation mit der Anzahl der gefallenen Aktien setzen) zugelegt, aber die Relative-Stärke-Indizes weisen auf eine überkaufte Situation hin. Das könnte den Willen, nach oben auszubrechen, beschränken. Dazu passt, dass auch die nach Sentix und der American Association of Individual Investors erhobenen Indikatoren ein „bullishes“ Sentiment ausweisen, und sich unser Indikator für die USA, welcher das Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500 ins Verhältnis mit dem Volatilitätsindikator VIX setzt, die Vorstellung von Schwerelosigkeit ausweist. Einer Schwerelosigkeit, welche Risiken, wie sie z.B. in der Geopolitik bestehen, auszublenden scheint.
Wille und Vorstellung – besser: Wille und Wunsch - können da schnell zu einer Realitätsanpassung gezwungen werden.
Einen starken Willen wünscht Ihnen
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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Fußnoten
1 Schoppenhauer, Arthur; „Die Welt als Wille und Vorstellung“; 1859