Liquidität gibt es unverändert im Überfluss (vgl. Grafik der Woche), zumindest was die großen Zentralbanken betrifft. Die US-Zentralbank Federal Reserve (Fed) tut sich schwer mit einem Zeitplan, wann das „Tapering“, also der Abbau der Anleihebestände, denn beginnen soll. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat zwar gerade ihre geldpolitische Strategie überarbeitet, aber auch hier ist kaum damit zu rechnen, dass es zu einer baldigen Wende bei der Liquiditätsvergabe kommt. Im Gegenteil. So oder so scheint schon jetzt festzustehen, dass sie auf jeden Fall den US-amerikanischen Kollegen den Vortritt überlassen will, umso mehr als die Überprüfung des geldpolitischen Ansatzes der EZB die Tür für eine anhaltend expansive Geldpolitik geöffnet hat.
Im Detail wurden die folgenden wesentlichen Entscheidungen von den Euro-Währungshütern getroffen:
1. Übergang zu einem symmetrischen Inflationsziel von 2% mit der Möglichkeit eines temporären moderaten Überschießens.
2. Stärkere Berücksichtigung von Aspekten des Klimawandels/-schutzes. Der umfassende mehrjährige Plan zur Einbindung klimarelevanter Faktoren stellt zweifelsohne eine signifikante Weiterentwicklung des geldpolitischen Rahmens dar. Die EZB ist damit Vorreiter innerhalb der internationalen Notenbanken.
3. Einbeziehung der Kosten für selbstgenutztes Wohneigentum („Owner occupied housing“) in die Messung der Konsumentenpreisinflation und bei der Einschätzung der Preisstabilität. Die Einbeziehung dieser Kosten bei der Berechnung der Inflationsrate sind sinnvoll und sollten mittelfristig zu einer Erhöhung der “offiziell” gemessenen Konsumentenpreisinflation führen, was dann restriktivere Signale liefern sollte – aber erst sobald dies implementiert ist.
Vor einem etwas anderen ökonomischen Hintergrund arbeitet die chinesische Zentralbank. Die People’s Bank auf China hat vor wenigen Tagen ihren Leitzins für alle Geschäftsbanken gesenkt, um damit die Realökonomie zu stärken. Das passt ins Bild einer chinesischen Volkswirtschaft, die nach einer sehr frühen konjunkturellen Erholungsbewegung jetzt in eine reifere Phase des Konjunkturzyklus übergeht.
Die Woche Voraus
Auch in der neuen Woche bleibt, wie könnte es anders sein, die Zentralbank-Liquidität auf der Agenda. Der EZB-Rat tagt am Donnerstag. Die neue Strategie soll gleich in die geldpolitischen Beschlüsse Eingang finden. EZB-Chefin Christine Lagarde hat aber bereits verkündet, dass mit einem Abbau der Zentralbankbilanz so schnell nicht zu rechnen ist. Im Gegenteil. Die jetzigen Programme sollen mindestens bis März 2022 fortgesetzt werden. Es bestünde noch keine Notwendigkeit, über Änderungen bei den Anleihekaufprogrammen nachzudenken.
Von Seiten der realökonomischen Indikatoren verspricht es eine eher ruhige Woche zu werden. Am Dienstag stehen die Hausbaubeginne für die USA und der nationale Verbraucherpreisindex für Japan an. Am Donnerstag folgen der Aktivitätsindex der Chicago-Fed und der Verkauf bestehender Eigenheime in den USA. Am Freitag kommt der Markit-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in Deutschland.
Derweil nimmt die angelaufene Berichtssaison zu den Unternehmensgewinnen für das 2. Quartal in den USA weiter Fahrt auf. Die ersten Ergebnisse lagen fast durch die Bank über den Erwartungen, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass die Erwartungen der Analysten im Vorfeld etwas vorsichtiger wurden, wie die Revisionsdynamik der Gewinnentwicklung für den Weltaktienmarkt (MSCI Welt) zeigt. Aufgegliedert nach Regionen spiegeln sich auch hier die verschobenen Konjunkturverläufe wider. Während für den S&P 500 die Relation der Auf- zu den Abwärtsrevisionen – von hohem Niveau aus – etwas abgekühlt hat, stieg diese für den europäischen Aktienmarkt (MSCI Europa) zuletzt wieder, ebenso für die Unternehmen der aufstrebenden Ländern (MSCI Emerging Markets).
Die technische Seite lässt aktuell wenig Gegenwind erwarten. Die Relative-Stärke-Indizes für die großen Segmente am Aktienmarkt schweben im neutralen Bereich, zeigen also keinen unmittelbaren Verkaufsdruck an. Die anstehenden Konjunkturdaten und die Unternehmensberichte sollten auch kaum zu einer Eintrübung führen, während die Liquidität die Risikofreude unterstützt.
Überfluss-Renditen wünscht Ihnen,
Dr. Hans-Jörg Naumer
Rechtliche Hinwese
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