Zwischen Störgeräuschen und echten Signalen lässt sich bei Konjunkturdaten oft schwer unterscheiden. Wir werden unter der Woche mit Meldungen regelrecht bombardiert. Einmal heißt es, eine Rezession stehe unmittelbar bevor und sei unübersehbar. Am nächsten Tag überwiegt die Chance einer „sanften Landung“, d.h. dass die Notenbanken trotz restriktiver Geldpolitik die Konjunktur nicht komplett abwürgen würden.
Welche Aussagen können wir also als Lärm einstufen und welche als zuverlässige Zeichen? Selbst den wichtigsten Zentralbankiers der Welt fällt es manchmal nicht leicht, die Faktoren zu eruieren, die das Wachstum zu einem beliebigen Zeitpunkt fördern. Und die Nachwirkungen der CoronaKrise haben diese Aufgabe noch schwieriger gemacht.
Man denke nur an den Umstand, dass es in der jüngeren Geschichte der USA keine Vergleichswerte für eine pandemiebedingte Wirtschaftskrise gab. In den vierteljährigen Statistiken, die die US-Regierung seit 1947 veröffentlicht, war COVID-19 der einzige Fall, als es zu einem monatelangen Stillstand der Wirtschaft kam.
Ebenso existieren keine vergleichbaren Beispiele der Billionen von US-Dollar an „überschüssigen Ersparnissen“, die die Menschen angehäuft haben, als sie während der Pandemie weniger ausgeben konnten. Gleichzeitig haben die politischen Entscheidungsträger Konjunkturprogramme zur Stützung der Wirtschaft beschlossen, die einer Gelddruckmaschine gleichkamen. Was auch nicht vergessen werden darf ist die Tatsache, dass noch nie zuvor Millionen von Arbeitnehmern plötzlich vorzeitig in Rente gegangen sind.
Zwar mögen die Erinnerungen an die äußerst bizarren Tage am Anfang der Corona-Krise langsam verblassen. Doch die folgenschweren Nachbeben der Pandemie wirken sich nach wie vor auf das gesamte System aus. Sie führen oft zu dem Eindruck, dass Makrodaten kein aussagekräftiges Bild der Realwirtschaft liefern und sind auch ein Grund dafür, dass die traditionell als zuverlässig geltenden Zusammenhänge in der heutigen Zeit nicht mehr immer zutreffen.
Ein Paradebeispiel dafür ist der USArbeitsmarkt. Die gegenwärtige Abschwächung des US-Arbeitsmarktes könnte man einfach als Zeichen dafür werten, dass Firmen weniger Arbeitskräfte benötigen. Sollte das tatsächlich der Fall sein, wäre dies ein Vorbote für weniger Verbraucherausgaben, vielleicht sogar für eine Rezession im Jahr 2024.
Eine solche Auffassung ließe jedoch außer Acht, wie grundlegend die Pandemie die US-amerikanische Arbeitswelt verändert hat. Zwar ist der 3-Monats-Durchschnitt bei Neueinstellungen von +400.000 Mitte 2022 auf heute +165.000 gesunken. Aber die Anzahl offener Stellen bleibt hoch, die wöchentlichen Anträge auf Arbeitslosenunterstützung sind noch auf niedrigem Niveau, Verbraucher finden nach eigenen Aussagen leicht einen Arbeitsplatz und die Firmen haben immer noch Probleme, offene Stellen zu besetzen (siehe dazu unsere Grafik der Woche).
Zusammengenommen könnten diese Erkenntnisse darauf hindeuten, dass sich die Zahl der Neueinstellungen zum Teil deswegen verlangsamt hat, weil es nicht ausreichend Arbeitskräfte gibt, um den Bedarf zu decken. Ferner dürfte bei einer weiteren schrittweisen Entspannung auf dem Arbeitsmarkt sowie einer nachhaltigen Disinflation bei Löhnen und Konsumgütern im Laufe des Jahres die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Leitzins senken können. Für das Wirtschaftswachstum in den USA sind das nicht gerade schlechte Rahmenbedingungen. Zudem haben sie globale Auswirkungen auf Währungen und die Geldpolitik in Europa und Asien.
Die Woche voraus
In dieser Woche stehen Entscheidungen der wichtigsten Zentralbanken sowie aktuelle Konjunkturzahlen unten dem globalen Datenstrom an. Dabei könnten die Verfechter des gegenwärtigen disinflationären Wachstumsumfelds zusätzliche Rückendeckung erhalten.
Der Fokus in Asien richtet sich vor allem auf die Beschlüsse der Bank of Japan (BoJ) am Dienstag. Bei ihrer Sitzung im Dezember haben die dortigen Hüter der Geldpolitik angekündigt, ihren ultralockeren Kurs „geduldig fortzusetzen“, wobei sie darauf hinwiesen, dass sich das Wachstum zwar leicht erholt aber die Kerninflation nachgelassen habe. Darüber hinaus erhalten wir am Mittwoch neben den japanischen Handelszahlen für Dezember auch die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor für Januar.
In Europa dominiert am Donnerstag die nächste Entscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB). Im Anschluss an die letzte Sitzung des EZB-Rates stellte Präsidentin Lagarde fest, dass Zinssenkungen nicht zur Debatte gestanden hätten und fügte hinzu: „Wir sollten auf keinen Fall unsere Wachsamkeit aufgeben“. Dennoch zeigen die unlängst von der EZB veröffentlichten Zahlen, dass sich die dreimonatige annualisierte Veränderung der Kerninflation rasant auf das angestrebte Ziel von 2% zubewegt. Abgesehen von der EZB-Sitzung gehören zu den weiteren wichtigen Daten die Einkaufsmanagerindizes für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor im Euroraum sowie die Ifo-Geschäftserwartungen für Deutschland.
Aus US-amerikanischer Perspektive sollten Investoren am Montag Schlagzeilen nach Bekanntgabe der US-Frühindikatoren (Index of Leading Economic Indicators) erwarten. Auch wenn die Konsensschätzungen auf eine Schrumpfung zum 21. Monat in Folge hindeuten dürften, was bisher nur in rezessiven Phasen der Fall war, waren diese Daten in letzter Zeit mit viel „Lärm“ behaftet. Gemäß den „Nowcasts“ der Federal Reserve dürften die USA im Schlussquartal ein Wachstum von 2,3% aufweisen - eine Tendenz, die auch im ersten Quartal 2024 anzuhalten scheint. Am Donnerstag wird die erste offizielle Veröffentlichung der BIP-Daten für das vierte Quartal 2023 erwartet. Am Freitag folgen dann die Dezember-Zahlen zu den persönlichen Einkommen und Ausgaben und zur Inflation in den USA im Dezember. Erwähnenswert ist dabei, dass die annualisierte sechsmonatige Kerninflation erneut das 2- Prozent-Ziel der Fed nicht überschritten haben dürfte.
Wichtig ist, die Zeichen der Zeit zu erkennen.
Greg Meier
Director, Senior Economist, Global Economics and Strategy
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