In der kommenden Woche wird die Öffnung in China etwas aus dem Blickfeld rücken, da die Marktaktivität und die Liquidität wegen des chinesischen Neujahrsfests geringer ausfallen sollten.
Die Marktteilnehmer dürften sich stattdessen stärker mit der wirtschaftlichen Dynamik in Europa befassen. Seit Ende des vergangenen Jahres haben sowohl der Euro als auch europäische Aktien einen Höhenflug hingelegt. Angesichts des säkularen Kursanstiegs von US-Aktien rechnen die Märkte inzwischen damit, dass diese Papiere bei einer Marktrally überdurchschnittlich abschneiden. Tatsächlich jedoch hat die Aktienmarkterholung ab dem vierten Quartal 2022 vor allem außerhalb der USA stattgefunden.
Was hat sich aus europäischer Sicht geändert?
Zum einen sind die Bewertungen niedriger, zum anderen hat sich die relative konjunkturelle Dynamik verändert. Die Erdgaspreise auf Sicht von einem Jahr sind in Europa noch immer fünf bis sechs Mal so hoch wie Anfang 2020 und stellen insofern für einige Bereiche der europäischen Industrie nach wie vor ein strukturelles Problem dar. Allerdings sind sie im Vergleich zum Höchststand im August vergangenen Jahres bereits wieder um zwei Drittel gesunken.
Im vergangenen Jahr wurden die Wachstumserwartungen durch die in die Höhe schnellenden Gaspreise deutlich gedämpft. Spiegelbildlich profitieren Vermögenswerte aus dem Euroraum nunmehr in dreierlei Hinsicht vom derzeitigen Gaspreisrückgang.
Erstens verringert sich der Druck auf die europäischen Verbraucher. Weil nicht klar war, ob die Preise weiter steigen würden, sank die Nachfrage seitens der Verbraucher und der Unternehmen. Wenn die Unsicherheit über die Gaspreise schwindet, sollte sich daher die Nachfrage in gewissem Umfang erholen.
Zweitens können sich auch die Regierungen, die ihren Bürgern nach dem Energiepreisschock Unterstützung zugesagt haben, über eine gute Nachricht freuen: Ihre Versprechen werden nicht so kostspielig wie befürchtet. Davon profitieren vor allem die Regierungen der Peripherieländer, denen es schwerer fallen dürfte, Käufer für umfangreichere Anleihevolumina zu finden.
Und drittens verbessern sich bei sinkenden Energiekosten die Terms of Trade für den Euroraum. Die Aussicht darauf, dass sich die Handelsbilanz des Euroraums auf breiterer Basis erholt, stützt den Euro-Wechselkurs und verringert dadurch den Druck auf die Binneninflation, der von den in US-Dollar ausgedrückten Rohstoffpreisen ausgeht.
Angesichts der Erholung des ZEW-Konjunkturindex rechnen wir damit, dass die Unternehmensumfragen im Euroraum in der kommenden Woche noch besser ausfallen. Im weiteren Verlauf dürften die Aussichten auf eine Belebung der konjunkturellen Dynamik von einer raschen Wende bei der Kerninflation im Euroraum abhängen. Die Märkte sind inzwischen optimistisch, dass der Inflationsdruck grundsätzlich sinken könnte. Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte allerdings bei ihrer Dezember-Sitzung, dass nicht regulierte Güter und Dienstleistungen Anfang 2023 noch teurer werden könnten. In diesem Falle dürfte die EZB ihren Leitzins wie bei der Dezember-Sitzung angekündigt bis zum Frühjahr rasch auf 3% anheben. Voraussichtlich würde sie ihre restriktive Geldpolitik dann auch bis zum Sommer fortsetzen. Bei einer anhaltenden Straffung der Geldpolitik dürfte auch der Euro weiter aufwerten. Gleichzeitig sollte der Gegenwind für europäische Aktien zum Frühjahr hin stärker ausfallen.
Die Woche voraus
In der kommenden Woche stehen wichtige Datenveröffentlichungen an, die eine Grundlage für die Anfang Februar anstehenden Zentralbanksitzungen in den USA und in Europa schaffen sollten.
Im Euroraum ermöglichen die ersten Einkaufsmanagerindizes in diesem Jahr einen breiten Überblick über die konjunkturelle Entwicklung um die Jahreswende herum. Wir rechnen mit weiteren, moderaten Anstiegen. Außerdem gibt der ifo-Index Aufschluss darüber, ob Deutschland – das in der zweiten Jahreshälfte 2022 hinter dem Euroraum insgesamt zurückblieb – jetzt bei sinkendem Energiepreisdruck zum Rest des einheitlichen Währungsraums aufschließen kann.
In den USA werden neben den Einkaufsmanagerindizes die ersten Daten zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) im vierten Quartal veröffentlicht; sie dürften nach der kräftigen Erholung im dritten Quartal ein nahe oder über der Trendrate liegendes Wachstum ausweisen. Der Rückgang der Auftragseingänge für dauerhafte Gebrauchsgüter im November dürfte zum Teil wettgemacht werden. Nichtsdestotrotz dürfte das Umfeld für das verarbeitende Gewerbe nach wie vor sehr ungünstig sein. Außerdem wird in den USA am Freitag die Kernrate des PCE bekanntgegeben; dies ist der von der Notenbank Federal Reserve (Fed) bevorzugte Inflationsindex. Der Markt geht davon aus, dass sich die annualisierte Kerninflationsrate weiter dem Zielwert der Fed annähert. In diesem Falle dürfte verstärkt damit gerechnet werden, dass die Fed ihren Leitzins bei der nächsten Sitzung um 25 Bp. anhebt.
In Japan dürfte der Verbraucherpreisindex (VPI) für Tokio die ersten Hinweise auf die Inflationsdynamik Anfang 2023 geben.
Und in Großbritannien deuteten die jüngsten Daten darauf hin, dass die Wirtschaft bisher noch nicht in eine Rezession geraten ist. Die Einkaufsmanagerindizes werden signalisieren, ob und wie lange die Rezession noch vermieden werden kann. Für die Bank of England dürften die Einkaufsmanagerindizes nur eine untergeordnete Rolle spielen; sie dürfte sich stärker auf die anhaltende Beschleunigung des Lohnwachstums konzentrieren.
Die Märkte interessieren sich zunehmend auf die anstehenden Zentralbanksitzungen. Wenn sich das Wachstum im Euroraum als solide erweist und sich die konjunkturelle Dynamik in den USA verlangsamt, dürfte der Euro weiter aufwerten. Für einen deutlichen Aktienkursanstieg müssten jedoch die Unternehmensgewinne höher ausfallen.
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