Marktberichte

Allianz Global Investors "Die Woche voraus" vom 20.10.2023

Resistent

Wenn die ersten Unternehmen in diesen Tagen ihre Bücher öffnen, um über das dritte Quartal zu berichten, haben die Firmen, abhängig von ihrem geografischen Schwerpunkt, für diesen Zeitraum recht unterschiedliche ökonomische Voraussetzungen vorgefunden. Während man wachstumsseitig in den USA von einem sehr robusten Quartal mit einer ausgeprägten Konsumbereitschaft ausgehen kann, befindet sich die Eurozone gemäß der Konsens-Schätzungen der Volkswirte in der Nähe stagnierenden Wachstums. In China darf man ein durchwachsenes Quartal mit ersten Stabilisierungstendenzen erwarten.

Nun ist das gesamtwirtschaftliche Wachstumsumfeld zwar ein wichtiger, aber letztlich nur einer von vielen Faktoren, die die Unternehmensgewinne beeinflussen. Währungsschwankungen, Rohstoffpreise sowie eine Vielzahl sektor- oder unternehmensspezifischer Entwicklungen bieten ein weites Betätigungsfeld für Unternehmensanalysten und „stock picker“.

Grundsätzlich lässt sich festhalten: Die Unternehmensgewinne dürften maßgeblich dazu beigetragen haben, dass der Aktienmarkt in den letzten Quartalen so manchem Gegenwind trotzen konnte. Auch wenn die Gewinne derzeit keine hohen Wachstumsraten im Jahresvergleich aufweisen – für den US-Leitindex S&P500 wird für das dritte Quartal in etwa ein Indexgewinn auf Höhe des Vorjahres erwartet – sollte dies als ein Zeichen von Stärke gewertet werden. Die Gesamtheit der Unternehmen scheinen hohe und stark schwankende Rohstoffpreise, steigende Löhne und erhöhte politische Unsicherheit bisher gut weggesteckt zu haben. Trotz leichter Rückgänge verteidigen sie im historischen Vergleich sehr auskömmliche Gewinnmargen.

Optimisten sehen darin die Kraft des Marktes, von Innovationen wie künstlicher Intelligenz und den sprichwörtlichen „animal spirits“. Andere Beobachter deuten darauf hin, dass sich gerade in den USA die Gewinne inzwischen sehr stark auf einige wenige „Champion“-Unternehmen konzentrieren und sich sowohl allmähliche steigende Zinskosten sowie eine Ermüdung der privaten Endnachfrage bald bemerkbar machen könnten.

Betrachtet man die Sektoren, so sollte neben dem omnipräsenten Technologiesektor auch einem anderen Sektor wieder mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden: dem Finanzsektor. Gerade in Europa fielen die Banken zuletzt durch stetig steigende Gewinnschätzungen der Analysten auf (siehe Grafik der Woche). Nach einer langen Durststrecke im Umfeld negativer Einlagenzinsen erholen sich die Zinseinnahmen kräftiger als erwartet, während die Belastungen durch Kreditausfälle zunächst überschaubar bleiben.

Die Woche voraus

In der kommenden Woche dürfte es spannend bleiben. Die Gewinnsaison kommt jetzt auf beiden Seiten des Atlantiks so richtig in Fahrt. Hier könnten vor allem US-Unternehmen vor dem Hintergrund der zuletzt starken Makrodaten ihre Resistenz unter Beweis stellen. Die ersten Signale von den Berichten sind vielversprechend, die meisten US-Banken konnten beispielsweise überzeugen. Passend dazu wird auch die erste Schätzung zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts für die Vereinigten Staaten für das dritte Quartal veröffentlicht werden. Hier rechnet man mit starken Zahlen, vor allem von Seiten des privaten Konsums. Geldpolitisch stehen die Sitzungen der Bank of Canada und der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Letztere dürfte erstmal nicht mehr an der Zinsschraube drehen. Wichtig wird aber die Tonlage, mit der die Euro-Zentralbank die Inflationslage beurteilt. Zudem wartet ein Reigen von Sentimentdaten auf die Anleger. Neben der Flash-Schätzung der Einkaufsmanagerindizes für den Oktober aus den wichtigsten Industrieländern wird das Verbrauchervertrauen der Europäischen Kommission erwartet, außerdem weitere Daten zur Konsumentenstimmung aus Deutschland, Italien und Frankreich. Aus China werden die Gewinne der Industrieunternehmen berichtet, aus Japan die Inflationsdaten für den Oktober. Abschließend lohnt sich noch ein Perspektivwechsel bezüglich der resistenten Unternehmensgewinne. Aus der Sicht eines Zentralbankers gedacht, bedeuten hohe Gewinnmargen letztlich weiteren Inflationsdruck. Das Spannungsfeld von Inflationsbekämpfung und Wachstumsausblick dürfte uns noch länger erhalten bleiben. Gerade kurzfristig befinden sich die Märkte zudem im geopolitischen Spannungsfeld des wieder aufgeflammten NahostKonflikts. Hierbei könnten vor allem die Ölpreise immer wieder ins Blickfeld geraten. Bisher haben sich die Märkte aber als krisenresistent erweisen können.

Bleiben Sie resistent, Ihr

Stefan Rondorf
Senior Investment Strategist, Global Economics & Strategy

 


1 Die Börsenweisheit ist hier im internationalen Sprachgebrauch nicht ganz eindeutig. Von der britischen Herkunft lautet Teil 2 „don’t come back until St. Leger’s Day“ (Mitte September). Im Deutschen heißt es „come back in September“, was, gemessen an den historischen Renditen, zu früh wäre.

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