Die Verunsicherung, gespeist aus Konjunktursorgen, Inflationsentwicklung, Geopolitik und sich ändernden Geldpolitiken hinterlässt weiter ihre Spuren an den Kapitalmärkten. Die Stimmung ist angeschlagen. Dabei zeigen sich vor allem die Inflationstreiber als hartnäckig. Die Preise für Düngemittel sind in den USA geradezu sprunghaft angestiegen (was auch, aber nicht nur eine Folge der Invasion der russischen Streitkräfte in die Ukraine ist), und liegen um mehr als das Doppelte über dem Durchschnitt der letzten 5 Jahre. Gleichzeitig bleibt der Arbeitsmarkt mehr als angespannt, was als Vorbote für eine Lohnpreisspirale genommen werden kann. Wer in den USA nach Arbeit sucht, kann aktuell zwischen 2 Jobangeboten wählen. Die kleineren Betriebe leiden dabei besonders an dem hohen Anteil unbesetzter Stellen.
Bei den Lieferketten gibt es derweil nur wenig Entspannung, was weiter einen Belastungsfaktor für Preise und Konjunktur bildet. Insgesamt zeigt sich das globale Konjunkturbild als belastet. Erfreulich allerdings: Der für die deutsche Wirtschaft so aussagekräftige ifoGeschäftsklimaindex ist jüngst wider die Consensus-Erwartungen gestiegen, was hauptsächlich von der Lageeinschätzung getrieben wurde, während die Erwartungen mehr oder minder auf der Stelle traten. Mit Blick auf die erwarteten.
Unternehmensgewinne hat sich die Stimmung deutlich verschlechtert. Gemäß der Global Fund Manager Survey der Bank of America haben die Gewinnerwartungen ein neues Tief seit der Finanzmarktkrise erreicht. Eine Entwicklung, die mit einer sich fortsetzenden Eintrübung der globalen Konjunktur einhergeht. Gemäß Umfragen, die ebenfalls von der der Bank of America stammen, halten die Fondsmanager bereits so hohe Cash-Bestände wie seit der Finanzmarktkrise nicht mehr. Das vorsichtige Verhalten spiegelt sich im Sentiment der Privatanleger.
Hier hat der Anteil der „Bären“ unter den privaten Investoren in den USA, gemäß der Umfrage der American Association of Individual lnvestors ein neues Hoch erreicht, das noch jenes von 2008, dem Jahr der Lehman-Pleite, übersteigt. Die Zentralbanken sorgen nicht gerade für eine Stimmungsaufhellung. Zwar haben die großen Zentralbanken – wichtige Ausnahme: Die People‘s Bank of China – auf Zinsanhebungen umgeschaltet, was eigentlich ein Grund zur Freude ist, zeigt es doch, dass sie (noch) Vertrauen in einen aufwärtsgerichteten Konjunkturpfad haben und die Inflation bekämpfen wollen, aber die sich verteuernde und verringernde Liquidität sorgt für Ungemach nicht nur an den Aktien- sondern, wie zu erwarten, auch an den Anleihemärkten. Entlang der steigenden Inflation(serwartungen) hat die Federal Reserve Bank (Fed) der USA wohl den konsequentesten Schwenk vollzogen. Über die nächsten drei Sitzungen hinweg werden Zinserhöhungen von jeweils 0,5% erwartet. Außerdem wurde das Ende der Anleihenkäufe verkündet, während gleichzeitig im Rahmen des „QT“ („Quantitative Tightening“) Nettoverkäufe von Staatsanleihen ab dem zweiten Halbjahr angekündigt wurden. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) fährt ihr Anleihekaufprogramm PEPP schrittweise zurück und für Juli und September zeichnen sich die ersten Zinserhöhungen ab. Neben den Renditeanstiegen kam es auch zu Ausweitungen der Renditezuschläge („Spreads“) innerhalb der Eurozone gegenüber den Benchmark Bundesanleihen. So hat der Spread italienischer Anleihen 200 Basispunkte überschritten, was auch den Abbau von Staatsschulden erschwert
Die Woche voraus
In der neuen Woche sollten aus dem Datenreigen die Sentimentindikatoren für die Konjunktur hervorstechen. Am Montag steht die Wirtschaftsstimmung für die Eurozone und ihre Mitgliedsländer an. Mit einer weiteren Eintrübung muss gerechnet werden. Am Dienstag kommt der NBS Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende und das nichtverarbeitende Gewerbe in China. Dazu die Industrieproduktion aus Japan und das Verbrauchervertrauen des Inselstaats. Zusätzlich wird der MNI Chicago-Einkaufsmanagerindex bekanntgegeben, gefolgt vom Verbrauchervertrauen des Conference-Boards für die USA und der Index des verarbeitenden Gewerbes der Dallas Fed.
Am Mittwoch folgt der viel beachtete Caixin Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe Chinas, dazu der ISM Einkaufsmanagerindex für die USA. Bei den Einzelhandelsumsätzen für die Eurozone wird es am Freitag interessant zu sehen, inwieweit sich hier die gestiegenen Konsumentenpreise bereits niederschlagen. Den Abschluss der Stimmungsindikatoren bildet am Freitag der ISM-Index für den Dienstleistungssektor der USA. Daneben werden die Inflationsdaten wichtig. In den meisten Regionen der Welt stehen die Inflationsampeln auf Rot. Auch nur leichteste Anzeichen für eine Entspannung sind hoch willkommen. Gleich am Montag stehen die vorläufigen Verbraucherpreise für den Mai aus Deutschland an. Am Dienstag kommen die Verbraucherpreise für die Eurozone, worauf die Erzeugerpreise des gemeinsamen Währungsgebiets am Donnerstag folgen.
Insgesamt haben die Abwärtsrisiken für die Konjunktur und die Aufwärtsrisiken bei der Inflation zugenommen, das sollte sich auch in den Daten über die neue Woche hinweg zeigen. Das alte Sprichwort, dass die Wirtschaft zu 50% Psychologie sei, ist nicht von ungefähr. Dabei scheint die psychologische Verfassung, gemessen an der Positionierung der Fondsmanager, der Bärenhaftigkeit der privaten Anleger und latent auch an den Eintrübungen der Sentimentindikatoren für die Wirtschaft so angeknackst zu sein, dass sie fast schon wieder als Kontra-Indikator verstanden werden kann. Zwar liegt taktisch unverändert eine vorsichtige Grundhaltung bei der Kapitalanlage nahe, aber auf positive Signale kann schnell ein Stimmungsumschwung folgen. Unser „Schwerelosigkeitsindikator“, der die Bewertungen (gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500) ins Verhältnis mit dem Risiko (gemessen am VIX als Maßstab für die Volatilität) setzt, zeigt schon mal eine gehörige Portion Bodenhaftung an (vgl. Grafik der Woche).
Eine Stimmungsaufhellung wünscht,
Dr. Hans-Jörg Naumer
Director Global Capital Markets & Thematic Research
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