Eine robuste US-Wirtschaft – bedingt durch Konsum- und Vermögenseffekte – und hohe Gewinnerwartungen für das laufende Jahr sind die Ursachen für den jüngsten Aufwärtstrend bei Aktien und den Anstieg der Renditen. Die große Frage ist nun, ob dies angesichts der bereits starken Marktbewegungen weitergehen kann und ob diese Gewinnerwartungen realistisch sind.
In Bezug auf die Wirtschaft prognostizieren wir aufgrund der zuletzt gezeigten Stärke jetzt eine weniger gravierende Abschwächung in den USA, wodurch sich das spätzyklische Umfeld verlängert. Dennoch sehen wir dies nicht als Beginn eines neuen Zyklus. Wir erwarten eine Verlangsamung um die Jahresmitte und eine anhaltende Desinflation. Die nachstehend angeführten Faktoren werden entscheidend sein, um die Richtung der Wirtschaft und der Märkte zu verstehen:
- US-Arbeitsmarkt: Es ist mit einer Abschwächung der Nachfrage zu rechnen, die durch den Aufbau höherer Ersparnisse, geringeren Konsum und schwache Arbeitsmärkte sowie durch gedämpfte Investitionen verursacht wird.
- Geldpolitische Divergenzen, wobei die Inflation im Mittelpunkt steht: Während die Bank of Japan die Zinsen erstmals seit 17 Jahren erhöhte, beabsichtigen die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank EZB, die Zinsen zu senken, wollen aber zuerst Gewissheit über die weitere Entwicklung der Inflation haben.
- US-Wahlen und Geopolitik: Die Volatilität könnte steigen, da wir in eine aktivere Phase des US-Wahlkampfs eintreten. Die Geopolitik und die weltweiten Risiken hoher Verschuldung könnten Gold langfristig unterstützen.
- Widerstandsfähigkeit der Schwellenländer: Wir haben unsere Wachstumsprognosen für die Schwellenländer leicht angehoben, was vor allem an Asien und Indien liegt, die starke Binnennachfrage und Exporte verzeichnen. Unsere Wachstumserwartungen für China ändern sich nicht.
Die Entwicklung der Anlageklassen sehen wir wie folgt:
- Anlageklassen-übergreifende Perspektive: Die risikobehafteten Anlageklassen haben die verbesserten Ertrags- und Wachstumsaussichten offenbar eingepreist und profitieren nach unserer Auffassung weiterhin von der positiven Marktstimmung. Wir behalten unsere positive Haltung in Bezug auf Duration bei, gehen aber keine zusätzlichen Risiken ein. Duration ist ein Maß für die Zinssensitivität von Anleihen. Bei den Anleihen sind wir auch für italienische Staatsanleihen leicht positiv gestimmt, bei japanischen Staatsanleihen sind wir jedoch zurückhaltend. Bei Aktien ist unsere Haltung insgesamt positiv. Bei japanischen Aktien sind wir leicht konstruktiv, während wir in den USA und jetzt auch in Europa neutral eingestellt sind. Bei den Schwellenländern sind wir für Anleihen und Aktien – Indien, Indonesien und Südkorea – positiv gestimmt. Bei Fremdwährungen sehen wir eine gewisse Stärke des US-Dollar, des Brasilianischen Real und der Indischen Rupie, haben aber unsere Ansichten auf der Grundlage der jüngsten Bewegungen etwas angepasst. Insgesamt bevorzugen wir eine diversifizierte Haltung, wobei eine ausreichende Absicherung gegenüber geopolitischen Spannungen (Öl) im derzeitigen Umfeld wesentlich ist.
- Anleihen: Bei festverzinslichen Wertpapieren wird die Entwicklung der Inflation die wichtigste Triebfeder für geldpolitische Maßnahmen sein. Vor diesem Hintergrund bleiben wir aktiv und positiv gegenüber der Duration in den USA und in UK eingestellt. In Europa sind wir nach dem jüngsten Anstieg der Renditen und den gemäßigten geldpolitischen Botschaften der EZB nun fast neutral, sind aber bei japanischen Staatsanleihen defensiv. Bei den Unternehmensanleihen sind die Fundamentaldaten für Anleihen hoher Bonität (Investment Grade Rating) nach wie vor stark, aber die Ausfallraten bei Unternehmensanleihen mit niedrigem Rating steigen, insbesondere in den USA. Daher ist eine höhere Streuung bezogen auf die Qualität wahrscheinlich. Unser Schwerpunkt liegt daher auf Qualität, und wir halten Unternehmensanleihen im niedrigeren Laufzeitenbereich selektiv für attraktiv. In Europa bevorzugen wir Investment Grade gegenüber Hochzinsanleihen (High Yield) und haben weiterhin eine Präferenz für höhere Qualität oder kurze Laufzeiten.
- Aktien: Die überzogene Stimmung bei US-Aktien spricht für einen gleichgewichteten Ansatz. Wir bleiben ausgewogen, indem wir uns eher defensive, einzelfallbezogene Möglichkeiten ansehen als einen bestimmten traditionellen Sektor. Bei den Industriewerten hingegen sind nach unserer Auffassung hochwertige Grundstoffe selektiv ein attraktiver Teilsektor. In Europa bevorzugen wir eine Mischung aus zyklischen Qualitätstiteln und einer defensiven Haltung. Das schleppende Wachstum in der Region sollte anhalten, was uns dazu veranlasst, Basiskonsumgüter höherzustufen, während wir bei Technologie vorsichtig sind. Insgesamt schätzen wir Qualität, sowie Value in Japan und den USA.
- Schwellenländer: Unsere strukturelle Haltung zu den Schwellenländern ist konstruktiv. Wir kombinieren Faktoren wie fiskalische Risiken und externe Anfälligkeit der Länder mit unseren Bottom-up-Ansichten. Dies ermöglicht uns eine positive Einschätzung von Indien, Indonesien, Südkorea und Lateinamerika (Brasilien, Mexiko). Schwellenländeranleihen dürften von den Zinssenkungen der Fed und der anhaltenden Desinflation in den Schwellenländern profitieren. Geopolitische und länderspezifische Risiken lassen uns jedoch wachsam bleiben.
Von Vincent Mortier, Group CIO Amundi, und Matteo Germano, Deputy Group CIO Amundi
Rechtliche Hinweise
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