- Anhaltend gute Wirtschaftsprognosen und positive Kursentwicklungen spiegeln sich in der Stimmung der Anleger wider.
- Die Zinsen werden als verkraftbar bewertet und die Risikoindikatoren geben keinen Anlass zur Sorge. Die aktuell hohen Bewertungen werden zwar nicht ignoriert, aber auch nicht als Grund zum Verkauf gesehen. Dennoch scheinen nicht alle Marktsegmente gleich attraktiv zu sein.
- Die Anleihemärkte sind teuer und das Potenzial für steigende Renditen ist weiterhin sehr begrenzt. Technische Faktoren könnten die Märkte für festverzinsliche Wertpapiere noch unterstützen, aber das makroökonomische Umfeld begünstigt weiterhin Aktien.
Starke Renditen
In den letzten anderthalb Jahren konnten Anleger beispiellose Renditen erzielen. Die annualisierte Kursentwicklung des S&P 500 beträgt seit März 2020 52 Prozent. Zum Vergleich: Die langfristigen Renditen (seit den 1980er Jahren) für diesen Index betragen im Durchschnitt 9,1 Prozent. Zwar wurde diese Entwicklung bei den festverzinslichen Wertpapieren durch den Anstieg der Renditen in Q4 2020 und Q1 2021 unterbrochen, doch selbst hier sehen wir mit Gesamtrenditen von 4,5 Prozent bei US-Investment-Grade-Krediten seit Februar 2020, 11,7 Prozent bei Hochzinsanleihen und 5,3 Prozent bei globalen inflationsgebundenen Anleihen überdurchschnittliche Kursentwicklungen.
Makroökonomische und technische Faktoren weiter positiv
Unser jüngster vierteljährlicher Marktrückblick zeigt, dass die Renditen weiterhin vom wirtschaftlichen Aufschwung und technischen Faktoren profitieren. Dies erklärt zudem, warum die Renditen der Anleihenmärkte in den letzten drei Monaten zurückgegangen sind und sich die Kreditspreads weiter verengt haben. Zunehmende Anleihekäufe der Zentralbanken seit Beginn der Pandemie haben zudem Staatsanleihen aus dem Markt genommen und die Renditen nach unten gedrückt. Anleger reagierten auf diesen Trend mit einer erhöhten Risikobereitschaft bei Anleihen, um höhere Renditen zu erzielen. Selbst an den Aktienmärkten gab es einen technischen Einfluss auf die Renditen - vor allem durch den erhöhten Zufluss gesparten Geldes in den Aktienmarkt getrieben.
Erhöhte Bewertungen geben Anlass zur Sorge
Aus unserer Sicht bringt dieser Zustand die Märkte in eine unangenehme Lage. Die makroökonomischen Rahmenbedingungen könnten zwar zurzeit nicht besser aussehen. Wir beobachten starkes Wachstum mit kurzfristiger Inflation, vorteilhafte geldpolitische Rahmenbedingungen und fiskalische Nettoanreize in vielen Volkswirtschaften, die zu gesunden Bilanzen im Unternehmens- und Haushaltssektor führen. Aber so sehr der allgemeine Ausblick für die Einschätzung risikobehafteter Anlagen positiv erscheint, umso mehr erscheinen die Bewertungen am oberen Ende ihrer Grenzen. Ein besonderes Augenmerk muss hier auf den Kreditmärkten liegen, deren Spreads derzeit auf dem niedrigsten Stand seit der globalen Finanzkrise liegen. Diese sind nicht nur auf Marktebene eng, auch innerhalb der Märkte zwischen einzelnen Bonitätsklassen sind sie komprimiert. Auf den Investment-Grade-Kreditmärkten ist die Situation ähnlich. In Europa haben 30 Prozent des Marktes eine negative Rendite und mehr als die Hälfte des Marktes einen Spread relativ zur Swap-Kurve von weniger als 100 Basispunkten. Diese geringe Streuung an den Kreditmärkten bedeutet schlussendlich begrenzte Möglichkeiten zur Alpha-Generierung.
Gewinne unterstützen Aktien
Bei Aktien erscheint die Bewertungsdebatte nuancierter. Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse sind auf Basis der durchschnittlichen Gewinnprognosen eigentlich recht stabil geblieben. Aber selbst hier stützen wir uns auf einen Gewinnausblick, der kaum Potenzial für Wachstum hat. Der Konsens am Markt geht davon aus, dass das Gewinnwachstum in diesem Jahr seinen Höhepunkt erreicht, bevor eine Abschwächung im Jahr 2022 auf 11,8 Prozent und 10,8 Prozent im Jahr 2023 ansteht. Diese Zahlen sind zwar gesund für das Gewinnwachstum von Unternehmen, aber sie sind klar abhängig von Änderungen der Aussichten für Inflation, Zinsen, Wachstum oder der Pandemie.
Mehr Vorsicht ist geboten
Angesichts dieser marktübergreifenden Bewertungsbedenken ist es schwierig, klare Handlungsempfehlungen für Investoren zu geben. Wenn sowohl positive als auch negative Aspekte in das Gesamtbild einfließen bleibt klar, dass die Stimmung am Markt den Ausschlag geben wird. Anleger haben liquide Mittel, sehen eine anhaltende Erholung und sind optimistisch. Doch was könnte die Blase platzen lassen? Die offensichtliche Antwort wäre Zinsen und Inflation, aber das wird sich nur zeigen, wenn Zentralbanken ihre Kurse entscheidend ändern. Eine massive Kraft hinter der Marktentwicklung war die Schaffung von Liquidität durch die Zentralbanken, falls die Rückkäufe ausbleiben könnte sich dies negativ auf den Markt auswirken. Des Weiteren könnten enttäuschende Gewinne, Lieferengpässe oder Druck auf die Margen für Unsicherheiten an den Märkten sorgen, in Europa sollte zudem der politische Zyklus im Zusammenhang mit Änderungen der Fiskalpolitik detailliert beobachtet werden.
Absicherung
Investoren bieten sich viele Möglichkeiten ihre Investments abzusichern. Insbesondere Credit Default Swaps könnten hier aufgrund einer längeren Anleihedauer interessant sein. Optionsstrategien für Aktien könnten ebenso attraktiv wirken, allerdings mit dem Risiko, sie eventuell wertlos verfallen zu lassen. Die ungewöhnlich positive Korrelation zwischen Anleihen- und Aktienrenditen in letzter Zeit erschließt zwei Möglichkeiten, auf den langfristigen Kurs zurückzukehren. Entweder bleiben die Aktienrenditen positiv und die Anleihen werde verkauft, oder die Aktienkurse korrigieren nach unten und die Anleihen erholen sich. Im ersteren Fall ist die negative Rendite von Anleihen wahrscheinlich nicht größer als die positive Rendite von Aktien, während in letzterem Fall eine Rallye bei Anleihen in einem Risiko-off-Szenario die Verluste von Aktien bis zu einem gewissen Grad dämpfen würde. Wenn Anleger ein gewisses Engagement in höheren Renditen an den Anleihemärkten beibehalten wollen, dann begrenzen Strategien mit kurzer Laufzeit die Empfindlichkeit gegenüber einem Anstieg der Zinsen.
In der “Goldlöckchen“-Zone
Insbesondere bei Neuanlagen ist Vorsicht geboten ist. Die Märkte haben die Fortsetzung eines Szenarios eingepreist, das nicht besser sein könnte. Natürlich könnte die wirtschaftliche Entwicklung so weitergehen; die Kreditspreads waren beispielsweise vor der Finanzkrise noch enger. Die Aktienbewertungen könnten zudem ebenso weiter steigen, wenn das Wachstum wirklich anhält. Die realen Renditen könnten noch eine Weile negativ bleiben, bis die erhöhte Kreditaufnahme der Regierungen - die zu einem großen Teil in die Finanzierung der Energiewende fließen wird - wirklich zu greifen beginnt. Die weltweiten Ersparnisse sind hoch und wurden durch die Pandemie angekurbelt, so dass die Defizite der Regierungen und Unternehmen noch weiter ansteigen könnten, bevor sich die Kapitalkosten wirklich bewegen. Aber in Wirklichkeit bieten viele der Anleihemärkte nicht viel, und die Kosten für eine Untergewichtung von Anleihen sind in diesem Stadium ziemlich niedrig. Es ist daher unwahrscheinlich, dass die Volatilität auf unbestimmte Zeit so niedrig bleibt.
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