Marktberichte

AXA Investment Managers - Statements von Chris Iggo vom 12.10.2021

Weniger Vertrauen, mehr Unsicherheit

  • Inflation, eine mögliche geldpolitische Straffung, fiskalpolitische Unsicherheit und ein verlangsamtes Wachstum lassen alle Stimmungsindikatoren südwärts zeigen.
  • Störungen auf der Nachfrageseite stellen dabei die größte Bedrohung für kurzfristiges Wachstum und Erträge dar.
  • Dieses Umfeld mahnt zu mehr Vorsicht.
  • Im Vereinigten Königreich hat eine Kombination aus gescheiterter Angebotspolitik und einer strafferen Geldpolitik die Wirtschaft im Griff.

Gefahr im Verzug

Global betrachtet halten wir an unserer Ansicht fest, dass die größte Bedrohung für die Märkte von den Störungen auf der Angebotsseite und deren Auswirkungen auf das kurzfristige Wachstum und die kurzfristigen Erträge ausgeht. Doch es gibt nach wie vor reichlich Liquidität und Anleger haben das Geld, um zu investieren. Die „Buy on Dip“-Mentalität der Anleger könnte anhalten und den Abwärtstrend begrenzen. Dennoch ist die Volatilität erhöht, und wir gehen davon aus, dass dies weiter der Fall sein wird.

Das makroökonomische Umfeld ist nicht mehr so eindeutig wie in der ersten Jahreshälfte. Höhere Rohstoffpreise bergen das Risiko, dass die Gewinnmargen zurückgehen, und es besteht folglich die Gefahr, dass die Umsatz- und Gewinnschätzungen nach unten korrigiert werden. Die Realzinsen steigen, was allerdings nicht unbedingt ein Signal ist, sämtliche Value-Aktien zu kaufen. Denn einige der zyklischen Industriewerte, die im vierten und ersten Quartal gut liefen, liefern heute nicht mehr die gleiche Performance. Diejenigen, die von festverzinslichen Wertpapieren abraten, werden behaupten, dass US-Staatsanleihen und dergleichen bei diesen Renditeniveaus keine große Absicherung bieten. Wir beurteilen das anders: Sollten die Risiken zutage treten, könnten die Anleiherenditen auf den Tiefpunkt ihrer diesjährigen Spanne zurückgehen. Es gilt auch zu bedenken, dass nach der Behebung der Lagerknappheit in den kommenden Quartalen ein Überangebot und ein Wiederaufleben des Deflationsdrucks die nächste Sorge sein könnte - vor allem, wenn das geldpolitische Umfeld straffer wird.

Mehr Vorsicht

Insgesamt ist unseres Erachtens nach bei den Anlegern weniger Vertrauen in die kurzfristigen makroökonomischen Aussichten und die geldpolitischen Entscheidungsträger zu spüren. Die Federal Reserve (Fed) steht unter genauer politischer Beobachtung und hat erhebliche personelle Veränderungen vor sich. Zudem gibt es noch immer keine Lösung bezüglich der Schuldenobergrenze in den USA. Die Kapazität der fossilen Energieträger wird eingeschränkt, wenn die Finanzierung für diesen Sektor zurückgefahren wird. All dies spricht dafür, dass wir von einer raschen Erholung, die durch die großzügige Finanzpolitik und die frei fließende Liquidität in 2020 angetrieben wurde, weit entfernt sind. Auch dass der Anstieg der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft im September weit hinter den Erwartungen zurückblieb (194.000 anstatt der Markterwartung von 500.000) ist ein Zeichen für die aktuellen Spannungen. In diesem Umfeld ist für eine gewisse Zeit mehr Vorsicht geboten.

Gefahr durch entschärfte Inflationserwartungen

Das gilt umso mehr für das Vereinigte Königreich. Die derzeitigen Angebotsprobleme in der britischen Wirtschaft sind nach Meinung von Premierminister Boris Johnson auf eine Kombination aus der Erholung der Weltwirtschaft und der Anpassung der britischen Wirtschaft nach dem Brexit an ein neues Wirtschaftsmodell zurückzuführen. Ein Modell, in dem die massive Einwanderung nicht mehr die Löhne untergräbt, sondern das die Entwicklung zu einer hochqualifizierten Wirtschaft mit hohen Löhnen fördert. Diese Botschaft kommt bei einigen Wählergruppen gut an, ist aber aus wirtschaftlicher Sicht anzuzweifeln. Auch für die Anleger ist sie gefährlich, denn sie könnte dazu führen, dass sich die Inflationserwartungen entschärfen und die Bank von England einen politischen Fehler begeht.

Höhere Inflation, keine erkennbaren Produktivitätssteigerungen

Die britische Wirtschaft sieht sich mit einem doppelten Problem konfrontiert: Einerseits mit Versorgungsengpässen und Inflation, was sich beides aus der globalen Entwicklung ergibt, und andererseits mit den Schwierigkeiten, die auf den Brexit und die große Zahl von EU-Bürgern, die nun nicht mehr in Großbritannien beschäftigt sind, zurückzuführen sind. Das wahre Bild wird durch fehlende Investitionen in Qualifikation sowie durch schlechte Arbeitsbedingungen noch komplizierter. Es ist auch klar, dass es nur eine begrenzte Substituierbarkeit gibt – andernfalls würden all die freien Stellen, die eine Folge der Abwanderung von Arbeitnehmern aus der EU sind, schnell mit einheimischen Arbeitskräften besetzt werden. Die wahrscheinlichste wirtschaftliche Konsequenz für Großbritannien wird ein anhaltender Arbeitskräftemangel sein. Infolge dessen wären Unterbrechungen bei der Lieferung von Waren und Dienstleistungen, höhere Löhne, da die Unternehmen versuchen, offene Stellen zu besetzen, und keine erkennbaren Produktivitätssteigerungen.

Pfund-Investments bieten derzeit keine Sicherheit

Das Risikoszenario für das Vereinigte Königreich besteht darin, dass die Straffung der Fiskal- und Geldpolitik und die Angebotsverknappung das Wachstum bis zum Jahr 2022 untergraben. Mit Renditen von über einem Prozent bei britischen Staatsanleihen (Gilts) ist eine negative Dynamik auf dem Anleihemarkt festzustellen, die durch die Break-even-Inflationsraten und die Erwartung höherer Zinsen angetrieben wird. Irgendwann wird der Zinsanstieg mit den makroökonomischen Risiken unvereinbar sein. Auch eine Abwertung des britischen Pfunds wäre möglich, wenn sich die Anleger auf eine weniger gut laufende Wirtschaft und eine schlechtere politische Atmosphäre konzentrieren. Im Moment steigt der britische Pfund aufgrund von Zinsrisiken was aber vermutlich nur eine kurzfristige, reflexartige Reaktion ist.


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