Im laufenden Jahr könnten die stärkeren Auswirkungen höherer Zinsen auf die Bewertung von resilienten Wachstumswerten durch deren schnelleres Gewinnwachstum ausgeglichen werden, so dass sie nicht mehr schlechter abschneiden als der Markt. Sollten die Zinsen jedoch ihren Höchststand erreichen und sich die Inflation weiter verlangsamen, worauf die Markttrends hindeuten, dürften Wachstumsaktien im Vergleich zum Markt in einer starken Position sein. In diesem Artikel werden wir die Auswirkungen steigender Zinsen auf Qualitätswachstumsaktien erläutern, untersuchen, was die Aktienmarktrenditen in 2022 angetrieben hat, und die möglichen Effekte weiterer Zinserhöhungen betrachten.
Die Auswirkungen steigender Zinsen auf Wachstumswerte
Zu Beginn des Jahres 2022 wurde der MSCI All Country World Index mit einem Forward-Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 20 bewertet. Das entsprach einer Ertragsrendite (EP) von 5 Prozent. Wenn die Zinsen steigen, muss auch die Ertragsrendite steigen, damit die Attraktivität von Aktien gegenüber Anleihen erhalten bleibt. Im Laufe des Jahres 2022 gingen die Zinsen als Reaktion auf die hohe Inflation nach oben. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen kletterte von 1,5 Prozent zu Jahresbeginn auf 3,9 Prozent zum Jahresende. Infolgedessen sank das KGV des MSCI All Country World Index von 20 auf 15, was zu einer Ertragsrendite von knapp 7 Prozent führte. Die Gewinnrendite des Index ist also um 2 Prozentpunkte gestiegen, was in etwa dem Anstieg bei den Zinsen entspricht. Ein Rückgang des KGV von 20 auf 15 bedeutet eine negative Performance von 25 Prozent. Der Marktrückgang war jedoch nicht so schlimm, da das Gewinnwachstum den Rückgang der Bewertung ausgeglichen hat.
Die Auswirkung steigender Zinsen auf wachstumsstarke Aktien war heftiger. Anfang 2022 wiesen wachstumsstarke Qualitätsaktien eine Ertragsrendite von fast 2,5 Prozent auf. Würde die Gewinnrendite – ohne Gewinnwachstum – auf 4,5 Prozent steigen, würde dies zu einem Abschlag von 44 Prozent führen (das heißt, das KGV müsste von 40 auf 22 fallen). Die Adobe-Aktien beispielsweise, die das Jahr mit einem KGV von 40 begann, beendete das Jahr mit einem KGV von 22.
Würden die Zinsen um weitere 2 Prozentpunkte ansteigen, würde die Ertragsrendite des Marktes von fast 7 auf 9 Prozent klettern. Das würde zu einem Rückgang von 23 Prozent führen (das heißt, das KGV würde von 15 auf 12 fallen). Bei wachstumsstarken Titeln würde die Gewinnrendite von 4,5 auf 6,5 Prozent zulegen, was zu einem Rückgang um 31 Prozent führen würde (das KGV würde also von 22x auf 15x fallen). Mit anderen Worten: Im Falle eines hypothetischen weiteren Zinsanstiegs würde das KGV von Growth-Titeln zwar immer noch stärker beeinflusst als das des Marktes insgesamt, aber relativ gesehen viel weniger als beim ersten Zinsanstieg. Gleichbleibende Erträge vorausgesetzt, betrug der Unterschied im Rückgang bei der ersten Zinserhöhung 16 Prozent (ein Derating von 44 Prozent für wachstumsstarke Aktien gegenüber 25 Prozent für den Markt), während er bei der zweiten Erhöhung nur noch 8 Prozent beträgt (ein Derating von 31 Prozent bei wachstumsstarken Aktien gegenüber 22 Prozent für den Markt). Die Erträge bleiben jedoch nicht konstant und resiliente Wachstumswerte können in einem Abschwung ein viel stärkeres Ertragswachstum aufweisen als der Markt, insbesondere wenn sie wiederkehrende Erträge und einen geringen operativen und finanziellen Leverage haben.
Kurzfristig werden die Aktienmarktrenditen weitgehend von Bewertungsveränderungen angetrieben, was es schwierig macht, diese Schwankungen vorherzusagen und sich darauf einzustellen. Langfristig wird die Rendite einer Aktie aber vor allem durch das Gewinnwachstum und nicht durch Bewertungsänderungen bestimmt. Ein Beispiel hierfür ist Mastercard, das 2013 mit einer ähnlichen Bewertung gehandelt wurde wie heute, aber aufgrund der Vervierfachung des Gewinns pro Aktie eine Rendite von 375 Prozent erzielte. In den Jahren 2016 bis 2018 wurde diese Dynamik deutlich, als die Wahl von Präsident Trump aufgrund eines Zinsanstiegs von 100 Basispunkten zu einem Ausverkauf bei Wachstumswerten führte. Trotz eines weiteren Zinsanstiegs um 50 Basispunkte wurde das Gewinnwachstum zum dominierenden Renditetreiber, was dazu führte, dass Qualitätswachstumsaktien eine Outperformance erzielten.
Wertentwicklung im Jahr 2022
Im vergangenen Jahr waren drei Faktoren für die relative Marktperformance ausschlaggebend: die Bewertungsmultiplikatoren sowie der wahrgenommene defensive Charakter und die Preissetzungsmacht. Marsh & McLennan, ein Versicherungsmakler, der an den abgeschlossenen Versicherungsverträgen eine Gebühr verdient, schneidet bei allen drei Faktoren gut ab und übertraf den Markt deutlich. Mastercard schnitt trotz seines Status als Wachstumswert relativ gut ab, da das Unternehmen eine offensichtliche Preissetzungsmacht (das heißt, Mastercard nimmt eine Gebühr auf nominale Verbraucherausgaben) und einen relativ defensiven Charakter aufweist.
Infolge der Konzentration des Marktes auf Multiplikatoren und defensive Eigenschaften schnitten Sektoren wie Basiskonsumgüter und Pharma sehr gut ab, erreichten aber auch relativ hohe Bewertungen. So wurde PepsiCo Ende 2022 mit einem Forward-KGV von 27 gehandelt, während Alphabet (trotz des massiven Barmittelbestands, der Investitionen in derzeit verlustbringende Projekte wie selbstfahrende Autos und die Cloud sowie stärkerer mittelfristiger Wachstumsaussichten) mit dem 17-fachen bewertet wurde.
Die Underperformance von Qualitätswachstumsaktien gegenüber dem Markt in 2022 geschah fast ausschließlich in den ersten drei Monaten des Jahres. Die Anleger konzentrierten sich bezogen auf das KGV in erster Linie auf den Kurs und nicht auf den Gewinn. Ein schnelles Zurücksetzen der Bewertungen kann eine Überreaktion auf Marktveränderungen ebenso riskant machen wie Untätigkeit.
Nach diesen ersten Monaten des Jahres 2022 begannen die Anleger, stärker auf das G im KGV zu achten. Viele hochwertige Wachstumsunternehmen blieben weiter stark, mit einem deutlich über dem Konsens liegenden Gewinnwachstum im unteren bis mittleren Zehnerbereich im dritten Quartal 2022.
Jetzt, da 2023 voranschreitet, sind wir zuversichtlich, dass die resiliente Natur von qualitativ hochwertigen Wachstumsunternehmen weiter zum Tragen kommen wird. Sie profitieren von strukturellen Wachstumstrends wie der digitalen Transformation, Biopharma, der Alterung der Gesellschaft, der Energieeffizienz und der wachsenden Zahl der Verbraucher. Diese Unternehmen bieten geschäftsentscheidende Dienstleistungen oder Produkte an, was hilft, die Preisinflation weiterzugeben. Und sie verfügen über sehr profitable Geschäftsmodelle mit gesunden Bilanzen und sichtbaren, wiederkehrenden Einnahmequellen, was in zyklisch herausfordernden Zeiten hilfreich ist.
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