Marktberichte

Flossbach von Storch Kommentar vom 12.02.2025

Trump, Macron oder Merz: Wer destabilisiert den brüchigen Euro?

Der Euro ist kein optimaler Währungsraum und die Divergenzen wachsen, so dass der Euro wirtschaftlich und politisch instabil ist. Donald Trump könnte den Euro durch einen Handelskrieg und den Druck zu mehr schuldenfinanzierten Verteidigungsausgaben in Europa destabilisieren. Emmanuel Macron gefährdet den Euro durch eine ungezügelte Schuldenpolitik. Eine schuldenfinanzierte Investitionsoffensive unter Friedrich Merz könnte dem Euro den letzten Stabilitätsanker nehmen.

1. Die Zinssenkungen der EZB wirken überstürzt

Das Jahr 2025 dürfte das Jahr der Disruption werden. Die Präsidentschaft von Donald Trump kündigt eine Abkehr der USA von einer kooperativen Geopolitik an, auf die sich Europa lange Zeit leichtsinnig verlassen hat. Die Politik in der EU wirkt weitgehend handlungsunfähig. Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert mit immer neuen Zinssenkungen. Der Hauptrefinanzierungssatz der Europäischen Zentralbank ist seit Juni 2024 um 1,6 Prozentpunkte auf 2,9 % gefallen. 

Damit setzt sich die EZB immer mehr von der US-amerikanischen Zentralbank Fed ab. Die hat den Leitzins seit 2022 nicht nur stärker als die EZB angehoben, sondern ihn seit September 2024 auch nur um einen Prozentpunkt gesenkt. Die Federal Funds Rate liegt damit rund 1,5 Prozentpunkte über dem Hauptrefinanzierungssatz der EZB. Der Abstand dürfte noch wachsen, da die EZB im Gegensatz zur Fed bereits weitere Leitzinssenkungen signalisiert hat.

Die Zinssenkungen der EZB wirken überstürzt. Im Juli 2022 erhöhte die EZB die Zinsen erst ein ganzes Jahr, nachdem die Inflation im Juli 2021 über die Zwei-Prozent-Zielmarke gestiegen war. Noch im Dezember 2021 argumentierte EZB-Ratsmitglied Isabel Schnabel bei einer Inflationsrate von 5,2 % in Deutschland, dass die Inflation „eher zu niedrig“ sei. Hingegen senkte die EZB im Juni 2024 die Leitzinsen schon drei Monate, bevor die Inflationsrate im September unter das Zwei-Prozent-Ziel sank. Nun will sie die Zinsen weiter senken, obwohl die Inflation wieder über die Zwei-Prozent-Marke gestiegen ist. Warum?

2. Überbordende Staatsausgaben treiben die Inflation

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die EZB die Inflation bereits wieder unter Kontrolle hat. Die aktuellen Inflationsprognosen der EZB liegen bei 2,1 Prozent für 2025 und 1,9 Prozent für 2026. Das wachsende Vertrauen in einen nachhaltigen Rückgang der Inflation habe es ermöglicht, erhebliche geldpolitische Beschränkungen aufzuheben, hat Isabel Schnabel wissen lassen. 

Allerdings war Inflation aus historischer Sicht immer mit überbordenden staatlichen Ausgabenverpflichtungen verbunden. Die Staatsverschuldung im Euroraum liegt als Anteil vom Bruttoinlandsprodukt mit fast 90 % weit über dem Maastricht-Schwellenwert von 60 %. In Spanien liegt sie über 105 %, in Frankreich über 110 %, in Italien sogar nahe 140 %. Ernste Konsolidierungsbestrebungen gibt es nicht.

Im deutlich weniger verschuldeten Deutschland wächst inzwischen der politische Druck die Schuldenbremse aufzuweichen, um die marode Infrastruktur und die Verteidigungsbereitschaft wiederherzustellen. Auf dem Immobilienmarkt, wo zwischen 2010 und 2022 die Preise beflügelt durch niedrige Zinsen ungesund nach oben geschossen sind, könnten weitere Risiken sichtbar werden, wenn die EZB die Zügel straff hält. 

3. Der Euro ist kein optimaler Währungsraum

Und noch schlimmer: Der Euro ist kein optimaler Währungsraum nach Mundell (1961), in dem die Konjunkturzyklen aller Mitgliedsländer gleich verlaufen. Ist beispielsweise wie nach der Jahrtausendwende Deutschland in der Krise und Spanien im Boom, dann kann die EZB nicht für beide Länder den passenden Zins setzen. Unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen und Konjunkturzyklen waren bereits vor der Euroeinführung als Probleme bekannt. 

Ein gemeinsames Finanzministerium und Sozialsystem wie in den USA könnten die Konjunkturzyklen im Euroraum automatisch angleichen. Niedrigere Steuereinnahmen im Krisenland würden durch mehr Steuerzahlungen im Boomland ausgeglichen. Weniger Finanzierungsbedarf für die soziale Sicherung im Boomland würden höhere Sozialausgaben im Krisenland möglich machen, was dort die Konjunktur stabilisieren würde. Doch eine gemeinsame Steuer-, Finanz- und Sozialpolitik in Brüssel ist nicht in Sicht.

Im Gegenteil haben bereits kurz nach Euroeinführung unterschiedlich ausgerichtete Finanzpolitiken den Euroraum destabilisiert. Während in Deutschland wegen einer strengen Sparpolitik die Konjunktur schwächelte, erlebten Spanien und weitere südliche Euroländer dank Kreditzuflüssen aus Deutschland einen Staatsausgaben- und Immobilienboom. Die EZB befeuerte die Übertreibungen, weil sie die Zinsen für den südlichen Euroraum zu niedrig hielt, was in die europäische Finanz- und Schuldenkrise führte. Mit der Krise schwappte das Kapital nach Deutschland zurück und trieb dort die Immobilienpreise nach oben.

4. Die Gräben innerhalb des Euroraums werden immer größer

Die Unterscheide im Euroraum wachsen weiter. Im Jahr der Euroeinführung (1999) lagen die Inflationsraten der Euroländer zwischen 0,5 % in Österreich und 2,4 % in Irland, also eine Differenz von 1,9 Prozentpunkten. 2024 lag der Abstand bereits bei 3,4 Prozentpunkten (0,9 % in Litauen und 4,3 % in Belgien). 1999 lag die Staatsverschuldung als Anteil vom Bruttoinlandsprodukt zwischen 6,7 % in Luxemburg und 114,7 % in Belgien, ein Abstand von 108 Prozentpunkten. 2024 ist die Differenz auf 136 Prozentpunkte angestiegen (Estland: 24 %, Griechenland: 160 %).

Unser Divergenzindikator (Pfeifer und Schnabl 2024), der die Heterogenität im Euroraum bei Inflationsraten, Wachstumsraten, Pro-Kopf-Einkommen, Staatsverschuldung, Veränderungen der realen Wechselkurse, Handelsbilanzsalden und Lohnwachstum erfasst, deutet auf einen zunehmend heterogenen Währungsraum hin. Die Gräben innerhalb des Euroraums werden immer größer. 

In der europäischen Finanz- und Schuldenkrise konnte die EZB mit niedrigen Zinsen und umfangreichen Ankäufen von vor allem Staatsanleihen nach der Devise „Koste es, was es wolle“ den Euroraum zusammenhalten. Entsprechend erlaubt es das 2022 geschaffene „Transmissionsschutzinstrument“ der EZB, im Notfall die Staatsanleihen von fiskalisch instabilen Euroländern zu kaufen. Vielleicht bald die von Frankreich, wo das Haushaltsdefizit 2024 bei über 6 % des Bruttoinlandsprodukts lag.

5. Trump, Macron oder Merz: Destabilisieren sie den Euro?

Zwar kann die EZB mit unbegrenzten Staatsanleihekäufen auch noch so große Risse im Euroraum kitten. Doch hohe Staatsschulden und dauerhaft niedrige Zinsen lähmen das Wachstum und entwerten die Ersparnisse. Die Verlierer driften an die politischen Ränder, die in vielen Euroländern schon bedrohlich stark geworden sind. Der Euro ist damit wirtschaftlich und politisch instabil, so dass eine neue Eurokrise immer wahrscheinlicher wird. 

Und nun kommt Donald Trump. Ein Handelskrieg mit den USA würde das Wachstum in Europa weiter schwächen. Mehr Schulden für die europäische Verteidigung würden das Vertrauen in den Euro weiter unterminieren. Wenn Präsident Emmanuel Macron den zügellosen Anstieg der Staatsverschuldung nicht in den Griff bekommt, könnte Frankreich zum Ziel eines Angriffs von Leerverkäufern werden.  Oder in Deutschland treibt ein neuer Kanzler Friedrich Merz mit einer schuldenfinanzierten Investitionsoffensive die Zinsen im ganzen Euroraum nach oben, auch weil das Deutschland die Stellung als letztem Stabilitätsanker der gemeinsamen europäischen Währung nimmt. 

Beschleunigt sich aus einem oder mehreren dieser Gründe die Kapitalflucht aus dem Euroland, käme es zu einer Abwertung des Euro, zu steigenden Preisen importierter Güter und – bei höherer Inflation – zu einem Anstieg der langfristigen Zinsen. Wenn sich dann die EZB gezwungen sieht, zugunsten von Frankreich und/oder anderen Euroländern das Transmissionsschutzinstrument zu aktivieren, dann wird das den Vertrauensverlust in den Euro nur weiter beschleunigen. In den USA dürften die Kapitalzuflüsse aus Europa willkommen sein. 

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