Die erratische Politik von US-Präsident Donald Trump hält die Welt in Atem. An den Börsen fahren die Kurse Achterbahn. Wie Anlegerinnen und Anleger damit umgehen sollten.
Auf Ankündigung folgt Rückzieher. Donald Trump hat einen Großteil der von ihm angekündigten Handelszölle auf Eis gelegt, vorerst zumindest – um, wie der US-Präsident sagt, Verhandlungen mit den betroffenen Staaten zu führen.
Gegenüber China hat er den Ton dagegen verschärft und die Zölle abermals angehoben – auf mittlerweile 145 Prozent! Peking wiederum betonte, den Kampf bis zum Ende ausfechten zu wollen, mit allen Mitteln. Es droht ein Handelskrieg zwischen den beiden größten und mächtigsten Volkswirtschaften der Welt!
Den Anstoß dazu hatte US-Präsident Trump gegeben mit der Vorstellung seiner umfänglichen Zollpläne. Im Rosengarten des Weißen Hauses hatte er seine Sicht auf die Welt geschildert, die unfaire Behandlung der USA durch alle anderen Staaten in Handelsangelegenheiten. Das wolle er ändern – „make America great again!“.
Er hielt eine Tafel in Richtung der anwesenden Medien, darauf abgetragen die Zölle, die er seinen „Handelspartnern“ künftig in Rechnung zu stellen gedenkt.
Absurde Berechnungslogik
Die Berechnungslogik der reziproken Zölle ist indes völlig absurd und hat mit der Realität nichts zu tun. Sie basiert auf dem Handelsdefizit gegenüber einem anderen Land und setzt dies ins Verhältnis zu den gesamten Warenimporten. Die Auswirkungen für einzelne Länder wären vernichtend.
Beispiel Vietnam: Das Land verkaufte im Jahr 2024 Waren im Gegenwert von 136 Milliarden US-Dollar an die USA. Im Gegenzug wurden Waren im Wert von 13 Milliarden US-Dollar aus den Vereinigten Staaten importiert. Das heißt, das US-Defizit im Warenhandel betrug 123 Milliarden US-Dollar.
Dieses Defizit haben die Trump-Leute dann ins Verhältnis zu den Warenimporten in die USA in Höhe von 136 Milliarden US-Dollar gesetzt. Daraus errechnet sich ein reziproker Zollsatz von 90,4 Prozent (123,46/136,56). Die Hälfte davon ergibt den „mild reziproken“ Zollsatz von 46 Prozent. Tatsächlich hat Vietnam auf die US-Warenimporte zuletzt nur einen handelsgewichteten Zollsatz von 2,9 Prozent erhoben (nach Angaben der Welthandelsorganisation). Umgekehrt belegten die USA Warenimporte aus Vietnam mit einem handelsgewichteten Zollsatz von 3,2 Prozent.
Wachsendes Konfliktpotenzial
Nicht nur Ökonomen dürften sich bei dieser absurden Berechnung die Haare raufen. Trumps Zollideologie basiert auf der Ansicht, dass Importe generell schlecht und Exporte gut sind. Ein Handelsbilanzdefizit, wie es die USA seit Jahrzehnten aufweisen, zeige demnach, dass die USA von ihren Handelspartnern über den Tisch gezogen würden.
Trump sieht das Ganze als Negativsummenspiel. Die erhoffte Reindustrialisierung der USA und Millionen neuer Jobs werden mit einer auslandsfeindlichen, revanchistischen Wirtschaftspolitik aber nicht gelingen. Zudem können die USA all die importierten Güter gar nicht selbst herstellen, weil es dazu an Kapazitäten, Personal und manchmal auch an Know-How fehlt. Und wenn sie es versuchen würden, wären die Produkte für viele Amerikaner nicht mehr erschwinglich.
Dauerhaft implementiert würden die reziproken Zölle den Handel mit den USA weitgehend zum Erliegen bringen und zu einer Weltwirtschaftskrise führen. Ein Blick in die US-Zollhistorie verdeutlicht das Ausmaß der angekündigten Zollerhöhungen, wenn sie denn tatsächlich kämen. Mit gut 30 Prozent lägen sie weit höher als in der Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er-Jahre. Deshalb ist zu hoffen, dass früher oder später Vernunft einkehrt.
Aber selbst wenn sie einkehren sollte, wofür durchaus einiges spricht, bleibt ein Problem: Donald Trump. Schon jetzt hat er mit seiner erratischen Politik großen Schaden angerichtet, indem er das Vertrauen in die Solidität der Vereinigten Staaten zerstört.
Für die kommenden vier Jahre seiner Amtszeit müssen Anleger stets mit irgendwelchem ökonomischen Unsinn rechnen. Das Vertrauen in den US-Dollar und US-Staatsanleihen als sicherer Häfen in Krisenzeiten ist beschädigt – und das Vertrauen in den US-Aktienmarkt als verlässlicher Performance-Lieferant auch.
Einige Anleger werden die USA künftig meiden – und insgesamt risikoärmer investieren. Schlimmer noch wäre, wenn Donald Trump die Unabhängigkeit der amerikanischen Notenbank Fed infrage stellen würde.
Gold als Krisenindikator
Der steigende Goldpreis spiegelt das wachsende Konfliktpotenzial in der Welt und die Sorge über die hohe Staatsverschuldung und die Unabhängigkeit der US-Notenbank unter Trump wider. Hohe Zölle schwächen die Wirtschaft und die besonders betroffenen Unternehmen. Resiliente Unternehmen sind hiervon aber nur temporär betroffen, sie passen sich an. Negative Schlagzeilen und fallende Kurse bieten deshalb auch Chancen.
Der KI-Boom wird anhalten, aber nicht zwangsläufig zu einem neuen Börsenboom der gesamten Technologiebranche führen. Die USA bleiben im Technologiebereich die unangefochtene Nummer eins, was allerdings nicht für die Entwicklung am Aktienmarkt gelten muss. Vor diesem Hintergrund sind Diversifikation und Flexibilität bei der Geldanlage keine leeren Worte, sondern wichtiger denn je.