- 2024 war trotz aller Spannungen und Turbulenzen ein gutes Aktienjahr.
- Doch noch nie haben US-Unternehmen die Weltbörsen so stark dominiert wie in den vergangenen Jahren.
2024 war ein Jahr großer politischer und geopolitischer Umbrüche. In Europa stürzten die Regierungen in Frankreich und Deutschland. Donald Trump wurde mit eindeutiger Mehrheit erneut zum Präsidenten der USA gewählt. Ein „Wind of Change“ ist auch in anderen Regionen der Welt spürbar: Im Nahen Osten verlieren die iranischen Mullahs durch die Schwächung der Hamas und Hisbollah sowie den Sturz des Assad-Regimes gleich in drei Regionen an Einfluss und Macht. Wladimir Putin braucht Geländegewinne, um seine Verhandlungsposition zu verbessern und setzt nordkoreanische Soldaten im Krieg gegen die Ukraine ein. Auch Xi Jinping reagiert nervös. Chinesische Volkswirte, die die offiziellen Wachstumsraten von fast fünf Prozent anzweifeln, werden aus dem Verkehr gezogen. Chinas Wirtschaft steckt in einer Krise, da ist ein Handelskonflikt mit den USA das letzte, was Xi brauchen kann. Letzteres gilt auch für Europa.
Trotz aller Turbulenzen war 2024 ein unerwartet gutes Anlagejahr für Aktien, vor allem wenn man bedenkt, dass die Notenbanken die Zinsen weitaus weniger stark gesenkt haben, als vor Jahresfrist allgemein erwartet wurde. Vor diesem Hintergrund ist die starke Performance von Gold und Aktien bemerkenswert. Die robuste US-Konjunktur und der KI-Boom kompensierten die schwache Konjunkturentwicklung in den anderen Regionen der Welt und verhalfen US-Aktien zu einem Plus von 25 Prozent (S&P 500 inkl. Dividenden). Die größten Profiteure waren erneut die Schwergewichte aus dem Technologiesektor, die maßgeblich für das herausragende US-Börsenjahr verantwortlich waren. Davon profitierte auch der MSCI World Index, der zu über 70 Prozent aus US-Aktien besteht und auch dank des starken Dollars ein Plus von 26,6 Prozent (in Euro gerechnet) schaffte. Im Vergleich dazu war die Entwicklung europäischer Aktien eher bescheiden. Der STOXX Europe 600 kam inkl. Dividende auf ein Plus von 9,6 Prozent.
Fast schon irritierend stark entwickelte sich der Goldpreis, der bis zum Jahresende um 27 Prozent stieg, in Euro waren es knapp 36 Prozent. Für Anleihen war 2024 ein mageres Jahr. Insgesamt ergibt sich für Anleihen guter Bonität ein Gesamtertrag von bescheidenen 1,7 Prozent (Bloomberg Global Aggregate Index), bei deutschen Bundesanleihen gemessen am REXP-Index sogar nur 1,1 Prozent.
US-Dominanz
Nie zuvor hat der US-Aktienmarkt die globale Börsenlandschaft derart dominiert wie in den letzten Jahren. Seit dem Höhepunkt der Finanzkrise Ende 2008 ist der S&P 500 Index um 537 Prozent gestiegen. Inklusive Dividenden ergibt sich eine Gesamtrendite von mehr als 700 Prozent. Damit haben sich US-Aktien seither rund dreimal so gut entwickelt wie europäische oder japanische Titel (jeweils in US-Dollar gerechnet). Eine Wette gegen US-Aktien war also teuer. Warren Buffett hat seinen ungebrochenen Optimismus für die USA in einem seiner viel beachteten Jahresberichte wie folgt zusammengefasst: “In its brief 232 years of existence, höherer, there has been no Inkubators for unleashing human potential like America…… Our unwavering conclusion: Never bet against America.”
Der Grund: In den USA die Produktivität in den vergangenen zwanzig Jahren deutlich stärker gestiegen als in Europa. Das Produktivitätswachstum hat sich nach der Finanzkrise 2008 nochmal beschleunigt. Der Grund sind massive Investitionen und Innovationen im High-Tech-Bereich. Die großen Technologieunternehmen haben sich eine weltweite Vormachtstellung erarbeitet, die sich auch in deutlich gestiegenen Börsenwerten niederschlägt. Ende 2008 lag die Marktkapitalisierung der im S&P 500 enthaltenen Unternehmen bei acht Billionen US-Dollar. Ende 2024 waren es 52 Billionen und damit 6,5-mal so viel. Besonders stark ist der Wertzuwachs bei den sogenannten „magnificent 7“ (Apple, Nvidia, Microsoft, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla). Ende 2008 lag ihr Börsenwert in Summe bei 372 Milliarden US-Dollar (Meta und Tesla waren damals noch Start-ups). Heute sind es 17,6 Billionen - also 47-mal so viel. Acht der zehn größten Unternehmen weltweit (gemessen an ihrer Marktkapitalisierung) stammen aus den USA. Und angesichts der Größe der US-Tech-Konzerne scheinen sie auch nur schwer einholbar.
Ein Ausblick
Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass nach zwei sehr guten Börsenjahren ein weiteres gutes folgen wird. Dafür müssen aber die Erwartungen der Investoren erfüllt oder besser übertroffen werden – und die sind hoch: Ordentliches Wirtschaftswachstum, deutlich steigende Unternehmensgewinne, rückläufige Inflation und weiter fallende Leitzinsen in den USA. Das wäre die Fortsetzung der Vorjahresentwicklung und entspricht dem nach einem Märchen benannten „Goldlöckchen-Szenario“ – der besten aller Welten.
Das Enttäuschungspotenzial, insbesondere bei den Highflyern und den von ihnen dominierten Indizes, ist gestiegen. Eine mögliche Marktkorrektur zu timen, ist allerdings schwer, wie das vergangene Jahr eindrucksvoll bewiesen hat. Und wer weiß, was dem designierten US-Präsident Donald Trump noch alles einfällt. Man muss ihn ernst nehmen, auch wenn man nicht alles ernst nehmen muss, was er sagt. Die von ihm geplanten Steuersenkungen sprechen jedenfalls für weiter steigende Staatsschulden.
US-Staatsanleihen haben jüngst bereits mit Renditeanstiegen reagiert – der große unsichtbare Elefant im Raum, der Bondmarkt, setzt Trumps Plänen Grenzen. Anleihen sind im Vergleich zu Aktien wieder attraktiver geworden. Anders als Aktien besitzen sie aber keinen „eingebauten“ Inflationsschutz.
Auf der Aktienseite lohnt es aus unserer Sicht wieder, nach Titeln Ausschau zu halten, die zuletzt im Schatten der Tech-Lieblinge standen und deren Bewertungen das zukünftige Ertragspotenzial noch nicht ausreichend reflektieren. Anders ausgedrückt: Aktives Management gewinnt im aktuellen Umfeld an Bedeutung.