Marktberichte

Flossbach von Storch Marktkommentar von Q2/2024

Gold als Wertanker in einer fragilen Welt

  • Auch im ersten Halbjahr hat der Goldpreis zweistellig zugelegt. Dabei sind erwartete Zinssenkungen der US-Notenbank ausgeblieben.
  • Langfristig bleibt Gold angesichts einer komplexen Gemengelage für die Weltwirtschaft und eines fragilen Finanzsystems ein wichtiger Wertanker für Portfolios.

Gold verbuchte mit einem Plus von 12,8 Prozent ein starkes erstes Halbjahr. In Euro gerechnet waren es sogar 16,1 Prozent. Dieser Preisanstieg ist bemerkenswert, weil die erhofften Zinssenkungen der US-Notenbank ausgeblieben sind. Hohe Zinsen sind gemeinhin Gift für das zinslose Gold. So verwundert es nicht, dass Investoren im ersten Halbjahr rund 140 Tonnen Gold aus den Gold-ETFs abgezogen haben. Allerdings wird dies, wie in den vergangenen Jahren, durch massive Goldkäufe der Notenbanken überkompensiert, was auch auf die veränderte geopolitische Lage zurückzuführen ist und für anhaltende Goldkäufe der Notenbanken spricht.

Gemäß einer Umfrage des World Gold Council beabsichtigen 29 Prozent der befragten 70 Zentralbanken, ihre Goldreserven in den nächsten zwölf Monaten aufzustocken, und 81 Prozent gehen davon aus, dass die Goldbestände der Notenbanken insgesamt weiter ansteigen werden – beides Höchstwerte seit Beginn dieser Umfrage im Jahr 2018.

Gold ist ein wichtiger Wertanker in einer zunehmend komplexen und fragilen Welt. Dies gilt nicht nur für Notenbanken, sondern auch für Privatinvestoren. In den vergangenen Jahrzehnten sind praktisch alle Krisen mit der gleichen Therapie bekämpft worden – mehr Geld. Wann immer es ernsthaft kriselte, pumpten die Notenbanken Liquidität in den Markt und schnürten die Staaten Hilfspakete. Die Finanzkrise von 2008, die Eurokrise von 2011/12 und vor allem die Pandemiejahre 2020 bis 2022 waren anschauliche Beispiele für die gleiche Therapie mit unterschiedlicher Dosierung und Mixtur.

Daran wird sich wohl auch zukünftig nichts ändern. Die nächste Krise könnte erneut den Euro betreffen, falls die Haushaltsdefizite weiter ausufern und den Stress in der Eurozone verschärfen. Die EU-Kommission hat jüngst ein Defizitverfahren gegen sieben Mitgliedstaaten eröffnet, darunter Italien mit einem Defizit von 7,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und Frankreich mit 5,5 Prozent. De facto handelt es sich hierbei erst einmal um eine Ermahnung, Strafzahlungen werden nicht erhoben.

Auch wenn man das in Frankreich oder Italien nicht immer gerne hört: Deutschland ist mit seiner Haushaltsdisziplin und geringen Staatsschuldenquote zum Bonitäts-Rückgrat der Eurozone geworden. Läge die Staatsschuldenquote in Deutschland ähnlich hoch wie in Frankreich oder Italien, wäre der Euro sehr viel schwächer. Und da die Belastungen der Staatshaushalte in den kommenden Jahren weiter steigen dürften (Verteidigung, Renten, Klimawandel), ist es schwer vorstellbar, dass die Staatsschuldenquoten wieder sinken werden. In den vergangenen beiden Jahren hat die Inflation geholfen, die Schuldenquoten nicht weiter ansteigen zu lassen. Doch dieser Effekt hält sich aufgrund niedrigerer Inflationsraten nun in Grenzen. Das Erstarken populistischer Parteien in vielen Ländern der Eurozone dürfte die Ausgabendisziplin insgesamt noch weiter schwächen. Populismus, egal ob von links oder rechts, führt fast zwangsläufig zu steigenden Haushaltsdefiziten und Staatsschulden.

Die Unsicherheiten über Frankreichs politische Zukunft haben den Renditeaufschlag für französische Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen bislang nur auf 0,7 Prozentpunkte erhöht. Sollte diese Differenz im Zuge einer chaotischen Regierungsbildung deutlich steigen, könnte die EZB gezwungen sein, französische Staatspapiere zu kaufen, um eine erneute Euro- und möglicherweise Finanzkrise abzuwenden.

Auf der anderen Seite des Atlantiks sieht es in puncto Haushaltsdisziplin nicht besser aus. Die US-Staatsschulden belaufen sich auf mehr als 120 Prozent des BIP. Und keiner der beiden Präsidentschaftskandidaten ist für eine eiserne Haushaltsdisziplin bekannt.
Das alles spricht für eine fortsetzende Abwertung der Papiergeldwährungen gegenüber Gold. Dennoch lassen sich für das Edelmetall keine seriösen Preisprognosen anstellen. In den vergangenen zehn Jahren konnten sich Anlegerinnen und Anleger über einen jährlichen Goldpreisanstieg von mehr als acht Prozent in Euro gerechnet freuen. Dass es nach vorne schauend wieder so viel sein wird, sollte man nicht erwarten. Für uns steht bei der Goldanlage aber auch nicht die Rendite im Vordergrund, sondern der Versicherungscharakter als Teil einer diversifizierten Anlagestrategie.


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