Noch immer gibt es Meinungsverschiedenheiten zum Inflationsausblick im neuen Jahr und darüber hinaus. Stephen Dover, Leiter des Franklin Templeton Investment Institute, leitete vor Kurzem eine lebhafte Debatte zur Inflation zwischen John Bellows von Western Asset und Sonal Desai von Franklin Templeton Fixed Income.
Der ehemalige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl sagte einst: „Inflation ist wie Zahnpasta – ist sie erst mal heraus aus der Tube, bekommt man sie kaum mehr rein.“ Ironischerweise kann die Erwartung der Verbraucher und Unternehmen, dass die Inflation steigen wird, zu ... noch höherer Inflation führen.
Im Januar 2021 machten sich die Märkte eher Sorgen um ein nachlassendes Wirtschaftswachstum als um die Inflation. Die vorherrschende Meinung war, dass Inflation eine „vorübergehende“ Konsequenz der Wiederöffnung nach dem Lockdown sei. Zur Überraschung selbst der US-Notenbank Fed hielt die höhere Inflation an, ob sie nun von pandemiebedingten Lieferkettenproblemen oder expansiver Geld- und Fiskalpolitik befeuert wurde. Ob das Inflationsniveau weiter über dem Trend liegen oder sich eher doch als vorübergehend erweisen wird, ist noch immer das Thema hitziger Debatten unter Wirtschaftswissenschaftlern, auch bei den unabhängigen Investment-Gruppen von Franklin Templeton.
So sprach ich vor Kurzem mit Sonal Desai, Fixed Income Chief Investment Officer von Franklin Templeton, die im vergangenen Jahr ein Inflationsniveau oberhalb des Konsens vorhergesagt hatte, und John Bellows, Portfoliomanager von Western Asset, der eher von einer vorübergehenden Inflation ausgeht, über ihre Meinung zur Inflation. Hier einige Highlights:
- Sonal geht für die zweite Jahreshälfte noch immer von einer gewissen Zuversicht am Markt aus und ist der Meinung, dass die Inflation eventuell oberhalb der Konsenserwartungen bleibt. Dabei gehen die Erwartungen des Marktes und die allgemeinen, durch Umfragen ermittelten Erwartungen deutlich auseinander: Haushalte und Unternehmen machen sich wesentlich mehr Sorgen um die Inflation als der Markt (oder die Fed). Die Terminmärkte haben für das zweite Halbjahr 2022 einen deutlichen Rückgang der Inflation eingepreist, aber Sonal hält dies für zu optimistisch, da einige Faktoren, die die Inflation nach oben treiben, bestehen bleiben und der Umfang der Intervention durch die Fed unter Umständen die Märkte verzerrt. Sie erwartet zwar keine im Jahresvergleich um 7 % höhere Inflation wie im vergangenen Monat, ist aber der Auffassung, dass einige der Probleme zwischen Angebot und Nachfrage nicht ganz so schnell gelöst werden können.
- John sieht das anders. Er geht davon aus, dass die Inflation in den nächsten sechs bis zwölf Monaten wieder auf ein moderates Niveau und in den kommenden drei bis fünf Jahren sogar unter die Konsenserwartungen sinkt. Lieferschwierigkeiten werden aus seiner Sicht eventuell größer als weithin erwartet, aber historisch betrachtet führten Angebots-Schocks stets zu einem höheren Angebot und damit zu einer schnellen Senkung der Inflation. Die Warennachfrage sei höher als vor der Coronakrise und könne mit dem Auslaufen der Pandemie nachlassen. John weist darauf hin, dass das knappe Angebot Unternehmen und Verbraucher veranlasst haben könnte, über ihren Bedarf hinaus zu bestellen – und dass sie dies voraussichtlich nicht mehr tun, wenn das Angebot besser werde. Zudem geht er davon aus, dass die künftige Geld- und Fiskalpolitik in den USA die Inflation wahrscheinlich senken werden, zumal die Fiskalpolitik, die 2021 noch eine stark stützende Funktion hatte, sich 2022 und in den Folgejahren zu einer Belastung entwickeln dürfte. Das Ende der lockeren Geldpolitik seitens der Fed – eine Reaktion auf die höhere Inflation – dürfte aus seiner Sicht die Erwartungen eindämmen.
- Sonal geht davon aus, dass das massive Überangebot an Liquidität aus der dramatischen Ausweitung der Zentralbankbilanzen und die Explosion der Staatsverschuldung weiterhin Druck auf die Inflationsdynamik ausüben. Aus Ihrer Sicht wäre die Inflation in fünf Jahren ein weniger großes Problem, wenn die Fed ihre Geldpolitik früher und aggressiver straffen würde als vom Markt bereits erwartet. Ginge die Fed jedoch, wie meistens in den vergangenen zehn Jahren, schrittweise vor, so schaffe dies das Potenzial für eine längerfristige Inflation, da die Inflationserwartungen der Verbraucher und Hersteller – die bereits jetzt aus dem Ruder laufen – noch stärker steigen würden und sowohl die Lohn- und Gehaltsentwicklung als auch die Preisgestaltung beeinflussten. Insgesamt ist die Situation der Fed laut Sonal eine andere als bisher: Als die Inflation stabil unter 2 % verharrte, konnte die Fed die Unterstützung der Aktienkurse und der Finanzmärkte als Priorität betrachten. Mit einer inzwischen auf 7 % gestiegenen Inflation ist der Druck, sie unter Kontrolle zu bringen, viel stärker.
- John ist der Meinung, die Fed habe bereits gezeigt, dass sie die Inflation ernst nimmt. Dies könne eine Inflationsspirale verhindern, bei der die Erwartungen die Inflation immer noch höher treiben. Langfristige Trends aus der Zeit vor der Pandemie wie Technologien und demografische Entwicklungen, die seinerzeit die Inflation begrenzten, werden aus seiner Sicht wieder in den Vordergrund treten. John und Sonal gehen beide von steigenden Zinsen in den USA aus, beim Tempo und der Frage, ob die Zinsschritte bereits von den Märkten eingepreist seien, sind sie jedoch unterschiedlicher Meinung.
- Besonders interessant ist ihr Ausblick auf zwei zentrale Themen: Was geschieht mit den in der Pandemie aufgebauten überschüssigen Ersparnissen und wie wirkt sich die demografische Entwicklung auf langfristige Inflationserwartungen aus?
- Johns Meinung basiert auf der Wirtschaftstheorie. Er sagt, dass die Menschen einmalige Sonderzahlungen in der Vergangenheit stets gespart hätten. Da die privaten Sparguthaben bereits sehr niedrig gewesen seien, geht er nicht davon aus, dass dieses Geld ausgegeben wird, sondern dass die Verbraucher damit eher ihre längerfristigen Sparziele bedienen. Sonal ist der Auffassung, dass die Verbraucher bereits jetzt die überschüssigen Sparguthaben nutzen. Diese seien sehr liquide und stünden den Haushalten für Ausgaben zur Verfügung, daher stütze der kontinuierliche Abbau die Nachfrage mindestens in den kommenden Quartalen.
- John weist auch darauf hin, dass eine alternde US-Bevölkerung die Inflation vermutlich längerfristig niedrig halten und damit dem Beispiel Japans folgen werde. Laut Sonal ist das allerdings nicht ganz so klar, denn die Erfahrungen aus China und jüngste Forschungsergebnisse zeigten, dass die Inflation in einer alternden Bevölkerung mit weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter tatsächlich steige, da ältere Menschen eher die Nachfrage als das Angebot stimulieren.
- Unter Berücksichtigung all dieser Punkte positioniert sich Sonal in den Portfolios weiterhin für kürzere Durationen und Sektoren, die voraussichtlich vom Zinsumfeld profitieren, während John sich auf einen Bottom-up-Ansatz und eine Diversifizierung im gesamten Credit-Spektrum konzentriert.
Stephen Dover, CFA
Chief Market Strategist,
Franklin Templeton Investment Institute
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