Paris, 11. Juli 2023 – In nur 14 Monaten hat die US-Notenbank (Fed) ihre Leitzinsen um insgesamt 500 Basispunkte angehoben, wodurch sie von 0 auf 5 % gestiegen sind. Damit hat sie die Finanzwelt in Rekordzeit auf den Kopf gestellt und scheint trotzdem noch weitere Erhöhungen zu planen.
Die Zeit, in der die Leitzinsen in den USA bei null lagen und in der Eurozone sogar negativ waren, kommt einem lange her vor. Eine Zeit, in der man mehr Geld verleihen musste, als man zurückbekommen würde, wenn man in deutsche Staatsanleihen investierte – selbst mit einer Laufzeit von zehn Jahren. Eine Zeit, in der die Jagd nach Rendite die Anleger dazu veranlasste, ein immer größeres Risiko einzugehen, was bis zur Vergötterung bestimmter „Wachstumsaktien“ ging, die in einigen Fällen gar nicht rentabel waren.
Geldmarktanlagen haben deutlich an Attraktivität gewonnen
Das ist mittlerweile wirklich vorbei. Bei einem nahezu inexistenten Ausfallrisiko, einer Duration von null und großzügiger Liquidität bringen Geldmarktanlagen 3,4 % in Euro und über 5 % in Dollar ein. In einem solchen Umfeld fällt es schwer, Aktien immer noch als gute Anlage zu betrachten. Unter dem Gesichtspunkt der Risikoprämie, also der voraussichtlichen zusätzlichen Vergütung gegenüber risikofreien Zinsen, sind Aktien objektiv betrachtet nicht attraktiv. In den USA ist diese Prämie im Übrigen nicht einmal eine Prämie, da sie beim S&P 500 bei null liegt. In Europa liegt sie beim Euro Stoxx 50 bei 5 %, was absolut betrachtet ein deutlich positives, historisch gesehen aber recht niedriges Niveau ist. Doch Aktien sind mit einem höheren Marktrisiko verbunden und bieten weniger Kapitalschutz.
Zum Zeitpunkt T scheint das Match zwischen risikolosen Zinsen und potenzieller Vergütung auf Aktien schon im Voraus ausgetragen zu sein. Misst man allerdings die Risikoprämie auf Aktien an den erwarteten Gewinnen über zwölf Monate dividiert durch den Börsenkurs, von dem man den risikofreien Zinssatz über ein Jahr abzieht – welcher Parameter könnte dann in naher Zukunft für Aktien sprechen?
Was spricht in Zukunft noch für Aktien?
Zunächst einmal könnten die Gewinne bedeutender ausfallen als erwartet. In diesem Fall hätte der Markt die Prämie unterschätzt. Die Ergebnisveröffentlichungen der Unternehmen für das zweite Quartal dürften in dieser Hinsicht bereits ein guter Indikator sein. Doch angesichts großzügiger Margen und einer sich verlangsamenden Wirtschaftsdynamik fällt es schwer mit Ergebnissen zu rechnen, die deutlich über den eingepreisten Niveaus liegen.
Anschließend würde der Aktienkurs – zum Leidwesen der bestehenden Aktionäre – zum Wiederaufbau der Risikoprämie beitragen, sollte er denn korrigiert werden.
Schließlich wären da noch die Zinssätze. Analysiert man die Äußerungen der Zentralbanker, scheinen diese ihren Gipfel noch nicht erklommen zu haben. Schon jetzt im Juli spricht alles dafür, dass die Fed wie auch die EZB eine weitere Anhebung um 0,25 % vornehmen werden. Dies könnte eine ohnehin schon recht dürftige Aktienprämie noch weiter schrumpfen lassen.
Vom zinslosen Risiko zum prämienlosen Risiko. Willkommen in einer neuen Welt, in der das Anleihenrisiko wieder ins Rampenlicht rückt.
Von Olivier de Berranger, CIO bei LFDE
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