Von Enguerrand Artaz, Fondsmanager bei LFDE
Paris / Frankfurt am Main, 11.02.2025 – Wie bei seiner Amtseinführung versprochen, leitete Trump seine Zollpolitik am 1. Februar mit der Unterzeichnung mehrerer Dekrete ein. Die Zölle auf Waren aus Mexiko und Kanada wurden auf 25% angehoben – mit Ausnahme von kanadischem Öl, das nur mit 10% besteuert wurde. Die Zölle auf chinesische Waren wurden um weitere 10% erhöht. Einige Tage und einige Telefonate zwischen den Staatschefs später wurden die Zölle für Mexiko und Kanada ausgesetzt, im Gegenzug für eine drastische Verschärfung der Grenzkontrollen, insbesondere um den Drogenhandel zu bekämpfen. Auf chinesischer Seite geschah nichts dergleichen, aber die Antwort Pekings war äußerst moderat und ein Austausch zwischen Donald Trump und Xi Jinping soll in Kürze stattfinden.
Ungewisses Spiel der US-Zollpolitik
Hinzu kommen die gegen Kolumbien verhängten Zölle in Höhe von 25%, die schnell wieder aufgehoben wurden, nachdem Bogotá schließlich alle aus den USA ausgewiesenen Staatsbürger „uneingeschränkt“ aufgenommen hatte. Die wiederholte Androhung von Zöllen gegen Europa blieb bislang ohne Zahl oder genauem Umfang. Insgesamt hat sich die US-Handelspolitik in diesem Stadium praktisch kaum verändert; lediglich die Erhöhung der Zölle auf chinesische Waren ist nun wirksam. Sie bleibt jedoch nicht ohne Folgen für die wirtschaftlichen Aussichten.
Die verschiedenen Indikatoren1, die den Grad der Unsicherheit im Welthandel, insbesondere in Bezug auf die US-Handelspolitik, messen, sind bereits auf ein Niveau gestiegen, das dem des Höhepunkts der Handelsspannungen im Jahr 2019 ähnelt oder diesen sogar übersteigt. Dies veranschaulicht recht gut die Situation, in der sich viele, insbesondere amerikanische Unternehmen heute befinden: In einer vollkommen sokratischen Haltung ist das Einzige, was sie sicher wissen, dass sie nichts wissen. Die Wahl von Donald Trump und seine vermeintlich „wirtschaftsfreundliche“ Haltung haben zwar zu einem neuen Optimismus in der amerikanischen Privatwirtschaft geführt, wie mehrere Vertrauensumfragen belegen, doch die vom Weißen Haus eingeleitete Phase der Ungewissheit könnte die Karten neu mischen.
M&A-Aktivitäten in USA deutlich zurückgegangen
Natürlich ist Unsicherheit ein untrennbarer Bestandteil des Wirtschaftslebens. Wenn sie sich jedoch verschärft, können ihre Auswirkungen gewaltig sein. Stornierte oder verschobene Investitionen, Einstellungsstopps, verzögerte Projekte, neue Strategien… Die klassischen Folgen, wenn Unternehmen den Überblick über die wirtschaftliche Lage verlieren, zeigen sich bereits in den Fusions- und Übernahmeaktivitäten. Diese lagen im Januar auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt. Und diese erhöhte Unsicherheit wird nicht nur die USA betreffen. Sie könnte sich auf den gesamten Welthandel auswirken. Dies wäre vor allem zu einem Zeitpunkt nachteilig, an dem der globale Industriezyklus nach zwei Jahren Flaute endlich Anzeichen einer Erholung zeigt.
Für die Trump-Administration hat es wenig Sinn, dieses Pokerspiel zu lange zu spielen. Die erwarteten Haushaltseinnahmen aus der Erhöhung der Zölle werden sich nicht einstellen, solange die neuen Zölle nicht wirksam sind. Gleichzeitig würde eine durch die Unsicherheit hervorgerufene Konjunkturabschwächung das Haushaltssaldo schnell und negativ beeinflussen. Ein Spiel, bei dem man also nur verlieren kann.
Schließlich dürfte die Unsicherheit auch die Finanzmärkte belasten. Bisher haben sich die Märkte in dieser Hinsicht als sehr widerstandsfähig erwiesen. Doch wenn die Unsicherheit weiter anhält, könnte dies die Stimmung der Anleger beeinträchtigen. Für die Märkte ist eine unangenehme, aber vermeintlich bekannte Situation – also eine feste und endgültige Erhöhung der Zölle – oft besser als eine durch politische Volatilität genährte Ungewissheit.