Vor genau sechs Monaten hatte ich an dieser Stelle über Japan geschrieben und angeregt, den dortigen Aktienmarkt aufmerksam zu beobachten. Ein halbes Jahr später führt nun der bekannte Nikkei 225 Index die Rangliste der weltweit bekannten Aktienindizes an, wenn man vom Nasdaq Composite mit seinen Zauberaktien Tesla, Nvidia, Apple, Meta, Google und Microsoft absieht.
Dabei ist anzumerken, dass der Nikkei 225 ein veraltetes Gewichtungsschema vergleichbar dem Dow Jones Industrials besitzt und damit kaum repräsentativ für den japanischen Aktienmarkt ist. Denn hier wird nicht mit der Marktkapitalisierung der einzelnen Indexgesellschaften gewichtet, sondern mit dem Kurs, sodass ein kleines Unternehmen, welches nur wenige Aktien ausstehen hat, aber einen hohen Kurs aufweist, viel höher gewichtet ist als ein Unternehmen, dessen Gesamtwert deutlich höher liegt. Derzeit ist Fast Retailing mit ca. 10 % Gewicht der wichtigste Einzelwert im Nikkei 225. Insgesamt bringt es Fast Retailing, dessen weltweite Einzelhandelsmarke Uniqulo lautet, auf eine Marktkapitalisierung von ca. 75 Mrd. EUR. Demgegenüber weist der weltgrößte Automobilhersteller Toyota lediglich eine Gewichtung von gut einem Prozent im Nikkei 225 auf, währenddessen er eine Marktkapitalisierung in Höhe von gut 230 Mrd. EUR besitzt. Daher tut man gut daran, anstatt des Nikkei 225 in Japan mehr auf den TOPIX zu achten, so wie man auch in den USA vorwiegend den S&P 500 und nicht den Dow Jones verfolgt.
Sodann zeigt sich ein leicht verändertes Wertentwicklungsbild, denn der TOPIX liegt in diesem Jahr ca. 6 % hinter dem Nikkei 225. Dort ist in der Tat Toyota der am höchsten gewichtete Einzeltitel mit aktuell ca. 3,5 % Indexgewicht. Fast Retailing weist im TOPIX lediglich eine Gewichtung von ca. 0,5 % auf.
Aber ungeachtet der derzeitigen hohen Aufmerksamkeit für die stramme Wertentwicklung des Nikkei 225 seit Jahresanfang können sich auch die anderen japanischen Aktienindizes sehen lassen. Immerhin bringt es der TOPIX auf derzeit fast knapp 19 % seit Jahresbeginn. Dabei weisen Experten gerne darauf hin, dass die exportorientierte japanische Wirtschaft stark von der derzeit schwachen Landeswährung Yen profitiert. Tatsächlich hat der Yen in den letzten 12 Monaten ca. 6,5 % gegenüber US-Dollar und Euro nachgegeben. Seit Ende 2021 sind es aber fast 35 % gegenüber dem US-Dollar und knapp 20 % gegenüber dem Euro. Diese Währungsschwäche liegt aber keineswegs an einer etwaigen inferioren Wirtschaftsleistung Japans, sondern ist nahezu ausschließlich den stark angestiegenen Zinsdifferenzen zwischen den Währungsregionen geschuldet. Während nämlich zehnjährige amerikanische Treasuries mittlerweile mit ca. 3,7 % verzinst werden und deutsche Bundesanleihen gleicher Laufzeit mit 2,4 %, beträgt der vergleichbare Zinssatz in Nippon lediglich 0,4 %. Insofern erscheint es vielen Marktteilnehmern als unattraktiv, gering verzinsliche Yen zu halten. Freilich wächst den japanischen Unternehmen, die sich fremdfinanzieren müssen, durch die geringen Zinsen ein nicht unbedeutender Wettbewerbsvorteil zu. Obendrein lässt sich zum Lobe Japans sagen, dass die Landeswährung im Innenverhältnis stabil ist und keine hohe Inflation verzeichnet, wie dies im Rest der Welt der Fall ist. Und dies, obwohl die japanische Volkswirtschaft zuletzt deutlich stärker gewachsen ist als ihre westlichen Pendants.
In den kommenden Wochen und Monaten wird man erstens beobachten müssen, ob sich die zarten Neigungen hin zu einer stärker aktionärsorientierten Unternehmenskultur in Japan fortsetzen wird und ob die Hausse auch auf die Aktien der zweiten und dritten Reihe übergreifen wird. Sollte beides der Fall sein, so steht Nippon vor einem beachtlichen Börsenaufschwung.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns
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