Nachdem es der deutschen Politik in fünfzig Jahren nicht gelungen war, eine starke dritte und kapitalgedeckte Säule im System der hiesigen Altersvorsorge zu etablieren, war die Ampelregierung angetreten, dieses Versäumnis nachzuholen. Angetrieben von der FDP hatte es durchaus vollmundig geheißen, nunmehr werde man die Rente stärken durch den Einstieg in eine kapitalgedeckte Ruhestandsfinanzierung.
Leider stand das Vorhaben von Anfang an unter keinem glücklichen Stern, denn der ausgewählte Name `Aktienrente` beschwor sogleich die in Deutschland weit verbreiteten Ressentiments gegen die Aktienanlage hervor. Schnell war die Rede davon, es solle mit der sauer erarbeiteten Rente an der Börse spekuliert werden. Die in Deutschland vorwaltenden Liebäugeleien mit sozialistischem Gedankengut sind beim Thema Aktienanlage stets hastig bei der Hand, wenn es um deren Verunglimpfung geht. Von Zahlen und Fakten lässt man sich dabei weder in der AfD noch bei Frau Wagenknecht lange irritieren, sondern bedient stattdessen liebgewonnene Klischees. Dort heißt es etwa, man dürfe die Altersvorsorge nicht von Börsenspekulation abhängig machen. Aber auch bei CDU/CSU und SPD ist das Verständnis kaum anders, zumal beide Parteien während der vielen gemeinsamen Regierungsjahre in der GroKo genug Gelegenheit hatten, eine kluge kapitalgedeckte dritte Säule der Altersversorgung einzurichten.
Entsprechend der weit verbreiteten Vorurteile bezüglich der Kapitalmärkte entschied sich die Ampelregierung und Federführung der FDP fortan, nicht mehr von ´Aktienrente´, sondern vielmehr von `Generationenkapital´ zu sprechen. Diese Wortwahl klang appetitlicher. Aber unerachtet des geschliffenen Framings (das `Gute-KiTa-Gesetz´ lässt grüßen), konnte sich die Ampel nicht dazu durchringen, dem Projekt eine hohe Priorität beizumessen. Am Ende bestand der Plan darin, ein staatlich verwaltetes Aktiendepot mit zehn Milliarden Euro zu dotieren, die zu diesem Zweck am Anleihemarkt aufgenommen werden sollten.
Beobachtern war indessen sogleich klar, dass mit zehn Milliarden Euro für ein rasch alterndes Volk von 85 Millionen Bürgern kein Blumentopf zu gewinnen war. Und so ist es gar nicht weiter bedauerlich, dass das Scheitern der Ampel nun auch dieses an sich sinnvolle aber handwerklich mangelhafte Projekt beerdigt hat. Obendrein ist zweifelhaft, ob eine künftige Bundesregierung das Thema nochmals anpacken möchte. Abgesehen davon, dass die Bildung einer starken und zumal wirtschaftsfreundlichen Regierung angesichts des zu erwartenden Wahlergebnisses unwahrscheinlich ist, lassen sich die fünf verpassten Jahrzehnte an den Aktienmärkten auch nicht mehr nachholen. Ihr Übriges tut die unvorteilhafte Demografie in Deutschland.
Was bleibt ist die private Altersvorsorge. Hier wäre die Politik dringend gefordert, steuerliche Anreize zu schaffen, um den Bürgern ein kluges Investieren für die Rente zu ermöglichen. Dabei täte es als Erstes Not, die Diskriminierung der Aktienanlage zu beenden. Ein erster seit über dreißig Jahren überfälliger Schritt bestünde z. B. darin, den Solidaritätszuschlag auf Dividendenzahlungen endlich abzuschaffen.
Aus Chicago
Ihr
Dr. Christoph Bruns