Auch in diesem Jahr hat die Credit Suisse einen Vermögensbericht vorgelegt. Darin werden Entwicklungen und Veränderungen von Finanzvermögen auf weltweiter Basis dargestellt. Wie sich herausstellt, haben sich die bereits in der Vergangenheit aufgetretenen Vermögenstrends fortgesetzt. Insbesondere nimmt der Wohlstand in Asien deutlich zu, während Europa weiter zurückfällt. Und die Krisen der Welt, die in den USA begonnene Subprimekrise und die in China begonnene Corona-Pandemie, schaden finanziell Europa am meisten.
Trotz Corona-Krise sind die Vermögen im Jahr 2020 insgesamt weiter angestiegen, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Autoren des Berichts den US-Dollar als Maßeinheit für finanziellen Wohlstand wählten. Folglich wird man im Hinterkopf behalten müssen, dass der Euro im Jahr 2020 um ca. 9% gegenüber dem US-Dollar aufwertete. Dadurch erklärt sich etwa die Zurückstufung der USA als dasjenige Land, welches im Durchschnitt das größte Finanzvermögen (ohne selbstgenutzte Wohnungen) weltweit aufweist. Den Spitzenplatz mussten die Amerikaner an die Schweiz abtreten. Auffällig ist das Abrutschen Japans, wobei der schwache japanische Yen dabei eine entscheidende Rolle gespielt hat. Deutschland landet beim durchschnittlichen Finanzvermögen auf dem sechzehnten Platz. Interessant ist, dass mit Hong Kong, Australien, Neuseeland und Singapur Länder aus Asien und Ozeanien auf dem Vermögensvormarsch sind.
Unter den europäischen Ländern mit besonders hohem Durchschnittsvermögen finden sich alte Bekannte, namentlich die Schweiz, die Niederlande, Belgien, Dänemark und Schweden. Weil aber die Durchschnittswerte durch die Kategorie der ´Superreichen´ oftmals nach oben verzerrt sind, bietet Credit Suisse zusätzlich die Darstellung des Medians des Finanzvermögens an. Der Median ist bekanntlich das mittlere Element einer Verteilung, bei der eine Hälfte mehr und die andere Hälfte weniger aufweist als der Median. Daher eignet sich der Median besser, um die Vermögenssituation in der Breite der Bevölkerung darzustellen. Sodann ändert sich die Reihenfolge der Länder mit dem höchsten disponiblen Finanzvermögen ihrer Bürger deutlich. Gemessen am Median des Vermögens nimmt Australien vor Belgien und Hong Kong den Spitzenplatz ein, gefolgt von Hong Kong, Dänemark und der Schweiz. Mit anderen Worten: In diesen Ländern ist der finanzielle Wohlstand nicht nur besonders hoch, er ist auch recht breit gestreut in der Bevölkerung. Dieser Befund gilt besonders auch für Japan, das sich bei der Medianbetrachtung um sieben Plätze gegenüber der Durchschnittsbetrachtung nach oben schiebt. Umgekehrt sieht es in den Vereinigten Staaten aus. Das Land wird vom zweiten auf den dreiundzwanzigsten Platz durchgereicht, woran sich zeigt, dass die vielen Superreichen in den USA den Vermögensdurchschnitt stark nach oben verzerren.
Nicht viel besser ergeht es Deutschland. Die Bundesrepublik schafft es nicht unter die zwanzig wohlhabendsten Länder der Welt. Anders als seine reichen Nachbarländer (vor allem Schweiz, Niederlande, Belgien und Dänemark) ist Deutschland beim Finanzvermögen seiner Bürger abgeschlagen. Die Haupterklärung für die seit vielen Jahren zu beobachtende schwache Entwicklung der Finanzvermögen in der Bundesrepublik liegt nicht zuletzt in der hiesigen Aktienfeindlichkeit. Indem es seit Jahrzehnten nicht gelungen ist, eine kapitalgedeckte dritte Säule der Altersvorsorge dem Umlagemodell an die Seite zu stellen, nimmt der inzwischen traditionelle Abstieg seinen Lauf. Die Beteiligung an der Wertschöpfung der Unternehmen ist der weltweite Schlüssel zum finanziellen Wohlstand. Da von der deutschen Politik angesichts völlig anderer Prioritäten auf diesem Feld nichts zu erwarten ist, tut der Einzelne gut daran, Aktien- und Aktienfondsanlagen langfristig zu priorisieren.
Aus Chicago,
Ihr
Dr. Christoph Bruns
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