Der alten Jagdweisheit folgend, der zufolge viele Jäger des Hasen Tod sind, musste sich im Oktober die Aktienmarktstimmung der Vielzahl bestehender Problemfelder beugen. Dabei ist gewiss der deutliche Zinsanstieg in erster Linie als Ursache zu nennen. Am Zinsmarkt gibt es mittlerweile wieder positive Habenzinsen.
Anleger, die sich länger binden wollen und Staatsanleihen präferieren, bekommen etwa von Italien bei zehnjähriger Laufzeit eine Rendite von fast 5%, womit das Land ungefähr auf dem Zinsniveau der USA liegt. Demgegenüber liegen die Renditen zehnjähriger deutscher Staatsanleihen bei knapp 3%. Angesichts einer für September gemeldeten Inflationsrate von 4,5% in Deutschland nach wie vor eine zu magere Rendite, mit welcher sich die reale Erhaltung des angelegten Geldes nicht gewährleisten lässt, wiewohl die Geldentwertungsrate zuletzt rückläufig war.
Jedoch ist der Auslöser der jüngsten Aktienmarktschwäche vor allem in den kriegerischen Ausbrüchen im Nahen Osten zu suchen. Aktienmarktteilnehmer sind äußerst phantasiebegabt, wenn es darum geht, negative makroökonomische Szenarien zu ersinnen. Ein zusätzlicher Krieg im Nahen Osten würde eine weitere Strapazierung der Haushalte in Europa und den Vereinigten Staaten bedeuten. Dort aber ist bereits heute die Staatsverschuldung außer Kontrolle. Weiter steigende Staatsverschuldung bedeutet konkret höhere Finanzierungsnotwendigkeiten und dies führt zu weiter steigenden Zinsen. In den allermeisten Ländern der westlichen Welt wird seit Jahrzehnten eine keynesianische Wirtschaftspolitik betrieben. Dabei nimmt der Staat eine aktive Rolle ein, wenn wirtschaftliche Abschwünge eine zurückgehende private Nachfrage auslösen. Dann springt der Staat ein und sorgt mit steigenden Staatsausgaben für einen Ausgleich der fehlenden privaten Nachfrage. Problematisch ist nur, dass die Staaten in guten wirtschaftlichen Zeiten nicht in der Lage sind, Rücklagen zu bilden, wie es John Maynard Keynes – der britische Nationalökonom – vorgesehen hatte. Die schlichte Wahrheit bleibt bestehen, dass Politiker nicht für Sparsamkeit und Demut gewählt werden, sondern vielmehr für rosige Versprechen und patriotische Aussagen.
Aus den Krisen der letzten 25 Jahren lässt sich ersehen, dass die Lösungsformel aus der Sicht der politischen Eliten darauf hinausläuft, die Notenbanken als Deus ex machina zur Wirtschaftsstimulation einzusetzen. Tatsächlich mehren sich die Stimmen, die ein Ende der Zinsanhebungen und von den Notenbanken eine Entlastung fordern, zumal die Steuereinnahmen nicht mehr so opulent sprudeln und die Zinshaushalte rasant ansteigen. Einmal mehr wird es dabei zentral darauf ankommen, was in den Vereinigten Staaten von Amerika geschieht. Die Zeiten, in denen sich die Zinsentwicklung an der Deutschen Bundesbank orientierte, sind seit fast einem Vierteljahrhundert vorbei. Zu Erinnerung: Die deutsche Politik hat leichtsinnig und verfrüht die Souveränität über die eigene Währung zugunsten des Euro aufgegeben. Und der ist keine zweite D-Mark geworden, wie es einst von der politischen Elite verheißen wurde. Heute ist ein Blick über den Atlantik vonnöten, um zu verstehen, wohin die Reise der Zinsen in Europa geht.
Vielleicht ist es ein Glück, dass sich in den USA ein Ende der Zinssteigerungen absehen lässt. Nach zwei Jahren Leitzinserhöhungen und Rentencrash sind die dämpfenden Wirkungen auf Konjunktur und nachfolgend Inflation in der neuen Welt inzwischen unübersehbar. Das käme auch den Aktienmärkten zugute, auf denen inzwischen viele ungewöhnlich günstige Aktien zu finden sind. Diese Beobachtung gilt nicht zuletzt für europäische und deutsche Dividendentitel.
Ihre
Fondsmanager und Mitinvestoren
Dr. Christoph Bruns, Ufuk Boydak
Chicago, Frankfurt a.M. am 31.10.2023
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