Auch wenn das neue Jahr im Zeichen der Omikron-Welle beginnt: Wir sind zuversichtlich, dass der Bremseffekt für die Wirtschaft nur gering und vorübergehend sein wird. Und mit zunehmender Immunisierung steigt auch die Aussicht, dass Corona im weiteren Jahresverlauf eine immer geringere Rolle spielen wird. Was bleibt ist ein Umfeld, das auch 2022 in Summe positiv für die Aktienmärkte bleibt: Das Wirtschaftswachstum wird zwar geringer ausfallen als im Boomjahr 2021, dürfte 2022 (& 2023) angesichts der gewaltigen aufgestauten Nachfrage aber immer noch weit über dem historischen Schnitt zu liegen kommen. Davon werden die Unternehmen profitieren und ihre Gewinne kräfitg (global zweistellig) steigern können. Gleichzeitig werden die Notenbanken die geldpolitischen Zügel zwar anziehen. Das ist aber inzwischen bereits allgemeiner Markt-Konsens, sollte die Märkte also nicht mehr negativ überraschen. Zumal im Jahresverlauf deutlich rückläufige Inflationsraten keinen Grund geben dürften das Tempo der Zinsanhebungen zu erhöhen. Die Aktienmarktentwicklung dürfte zwar volatiler und in Summe weniger spektakulär als 2021 werden – im Vergleich zu anderen Anlageklassen aber immer noch erste Wahl bleiben. Unterdessen deuten diese Vorzeichen für viele Anleihemärkte auf weiter moderat steigende Renditen – und entsprechend mageres Performancepotenzial (trotz anhaltender Outperformance von Unternehmensanleihen). Interessant bleiben hingegen die Rohstoffe. Wir halten an unserer Anfang Dezember recht erfolgreich eröffneten Untergewichtung von Anleihen zu Gunsten einer Übergewichtung von Rohstoffen fest. Ansonsten nehmen wir akut keine Veränderungen an unserer kurzfristigen/taktischen Allokation vor, stehen aber in den Startlöchern uns für diese Jahreserwartungen entsprechend zu positionieren.
Marktumfeld Anleihenmärkte
Konjunkturboom 2021 schadete Staatsanleihen, half High Yield
Die beeindruckende Konjunkturerholung nach der Corona-Rezession 2020 drückte im abgelaufenen Jahr 2021 den meisten Anlageklassen einen klaren Stempel auf: Steigende (Leitzins-)Erwartungen und damit auch steigende Anleiherenditen, gleichzeitig ein florierendes Unternehmensumfeld. Das führte einerseits zu sinkenden Kursen bei „sicheren“ Staatsanleihen, andererseits zu einer vergleichsweise besseren Entwicklung von Unternehmensanleihen (und zwar umso besser, je „Aktien ähnlicher“). In Lokalwährung heißt das für 2022 wenig überraschend eine klare Outperformance von High Yield Unternehmensanleihen, mit einem Jahresplus von rund 3 % (Europa) bis 5 % (USA). Für Staatsanleihen dagegen in Lokalwährung ein klares Minus von 2-3 %. Gut geratete Unternehmensanleihen liegen entsprechend in der Mitte – sie konnten Staatsanleihen zwar outperformen, verbuchten aber ebenfalls ein kleines Minus. Auf Euro Basis wird die Entwicklung aller US Anleihesegmente dagegen durch die starke USDAufwertung von fast 8 % massiv nach oben verzerrt: Als Euro-Investor konnte man bei dieser USD-Entwicklung mit USD-Anleihen kaum etwas falsch machen und liegt mit allen drei US-Anleihekategorien stark im Plus. In Summe schwach entwickelten sich dagegen EM Anleihen, wo Probleme in zahlreichen Ländern die Performance ins Minus drückten.
Marktumfeld Aktienmärkte
Aktienmärkte folgten Konjunktur nach oben
Auch die Aktienmärkte standen 2021 im Zeichen des Konjunkturbooms und verbuchten in Europa und den USA beeindruckende zweistellige Kurszuwächse. In Europa standen dabei Russland (dank steil steigendem Ölpreises) und der ATX (von Konjunktur sensitiven Zyklikern dominiert) ganz an der Spitze. In Lokalwährung stand der Bullenmarkt in Europa dabei seinem Pendant in den USA kaum nach - mit rund 44 % Kursanstieg übers Gesamtjahr konnte der ATX 2021 sogar den USTech Index NASDAQ (+ 23 %) in Lokalwährung fast ums doppelte outperformen! Dank der rund 8 % Aufwertung des USD gegenüber dem EUR hatten auf Eurobasis gerechnet trotzdem die US-Aktienmärkte (und damit auch der US-lastige MSCI World) 2021 die Nase vorn gegenüber den meisten Indizes in Europa. Weit abgeschlagen dagegen Japan und Schwellenländer (EM) mit (auf Euro Basis) rund 3-5 % Jahresplus. Die größte Enttäuschung des Aktienjahres 2021 war aber auf Länder-Ebene wohl China, das durch eine Mischung aus strengem staatlichen Vorgehen gegen seine Tech-Unternehmen und Problemen am Immobilienmarkt das Jahr mit einem kräftigen Minus beendete.
Marktumfeld Rohstoffe und Währungen
Jahr der Rohstoffe und des US-Dollars
Der Rohstoffmarkt folgte 2021 ebenfalls der starken globalen Konjunkturerholung: Letztere sorgte bei Energie/Öl und Industriemetallen für ein beeindruckendes Nachfragewachstum und – im Vergleich zu den tiefen Preisniveaus während der Corona-Rezession 2020 – für einen entsprechend starken Jahresanstieg bei den Preisen.
So ging die Kategorie Energie über das Gesamtjahr 2021 um rund 60 % (!) nach oben, und auch Industriemetalle konnten um rund 40 % p.a. zulegen. Edelmetalle waren dagegen mit dem Abebben der Krise vergleichsweise wenig gefragt und beendeten 2021 mit einer schwarzen Null.
Auch die großen Trends am Währungsmarkt folgten 2021 recht folgerichtig den Vorgaben aus der Realwirtschaft: Die dominierende Entwicklung des Jahres war eine deutliche Aufwertung des USD, insbesondere gegenüber dem EUR, passend zu den im Jahresverlauf immer aggressiver werdenden Markterwartungen betreffend US-Zinsanhebungen. Entsprechend blieb der Euro Wechselkurs zurück – auch gegenüber dem GBP, wo eine erste Zinsanhebung im Dezember bereits erfolgte. Dass der Rubel durch die Ölpreisentwicklung beflügelt wurde dürfte ebenfalls nicht überraschen.
Ausblick – Globale Wirtschaft
Omikron: letztes Aufbäumen in Q1? Mittelfristiger Konjunkturausblick bleibt stark!
Auch wenn Omikron bedingte Lockdowns in einigen Ländern im ersten Quartal noch zu schwächeren Wirtschaftsdaten führen könnten (insbesondere China erscheint hier angesichts ev. weniger wirksamer nationaler Impfstoffe gefährdet): Für die meisten Industriestaaten zeichnet sich ab, dass die wirtschaftlichen Einschränkungen angesichts meist recht hoher Immunisierungsraten deutlich geringer ausfallen dürften als letzten Winter. Und selbst da war der wirtschaftliche Schaden bereits unvergleichlich geringer als im ersten harten Lockdown 2020. Wenig verwunderlich deshalb, dass die meisten Ökonomen für 2022 (und auch noch 2023) in Summe neuerlich Wachstumsraten weit über dem langfristigen Schnitt erwarten. Vor allem weil die gewaltige aufgestaute Nachfrage aus der Krise (sowohl bei Haushaltskonsum als auch Unternehmensinvestitionen) immer noch nicht annähernd abgebaut ist. Die bis Ende 2022 immer noch expansive Geld- und Fiskalpolitik und sinkende Inflationsraten schaden ebenfalls nicht. Historisch unterdurchschnittliches Wachstum zeichnet sich dagegen trotz weiteren Lockerungen bei Geld- und Fiskalpolitik in China ab, wo die Bauwirtschaft weiterhin dämpfen dürfte.
Ausblick – Inflation und Notenbanken
US-Notenbank: Anleihenkäufe rascher reduziert, Zinsanhebung bereits Q2?
Zugegeben: Inflationsraten von rund 7 % in den USA und rund 5 % in der Eurozone sind beeindruckend. Viel davon ist aber den im Vergleich zum Krisenjahr weit höheren Rohstoffpreisen geschuldet. Und dieser Teil fällt im Lauf von 2022 sukzessive aus der p.a. Berechnung heraus. Ohne Energiepreise liegt die (Kern-)Inflationsrate in der Eurozone derzeit dagegen bei „nur“ 2,6 %, also halb so hoch. Und selbst hier gibt es zahlreiche Preis treibende post-Corona-Effekte, die 2022 im Jahresvergleich wegfallen werden. Weshalb es absolut realistisch ist, dass diese Kernrate 2022 wieder unter 2 % zurückfällt (und die allgemeine Inflationsrate mit etwas Verzögerung folgt). Entsprechend glauben wir der EZB ihre Beteuerungen, 2022 noch nicht an der Zinsschraube zu drehen. Ganz anders die Situation in den USA: Zwar werden ähnliche Effekte die Inflationsrate auch dort im Jahresverlauf deutlich nach unten bringen – das Inflationsziel der US-Notenbank Fed dürfte aber nicht nachhaltig erreicht werden. Weshalb die Fed kürzlich die Reduktion ihrer Anleihenkäufe auch bereits deutlich beschleunigte (bis Frühjahr auf Null). Die allgemeine Erwartung ist, dass sie anschließend bereits im zweiten Quartal einen substanziellen Zinsanhebungszyklus startet.
Ausblick – Anleihenmärkte
Anleihen weiterhin untergewichten gegenüber Rohstoffen
Nach einem deutlichen Renditerückgang im November hat der Renditeanstieg in den letzten Wochen wieder stark an Fahrt aufgenommen (was unsere neuerliche Anleihen-Untergewichtung Anfang Dezember bereits bezahlt macht). Wir gehen davon aus, dass sich dieser Renditeanstieg (sowohl in den USA als auch Europa) 2022 fortsetzt: Das aktuelle Renditeniveau ist immer noch sehr niedrig und dürfte durch anhaltend starke Konjunktur, auslaufende Anleihekaufprogramme der Notenbanken und (Aussicht auf) höhere Leitzinsen unter weiteren Aufwärtsdruck kommen. Mit gut gerateten Staatsanleihen dürfte es also neuerlich schwierig werden, eine positive Rendite zu erzielen. Eine Übergewichtung von Unternehmensanleihen (IG und HY) sollte sich entsprechend auch 2022 lohnen. Auch bei Anleihen aus Schwellenländern (EM) bietet sich im neuen Jahr (anders als in 2021) eine gute Chance für eine positive Entwicklung, wobei die Volatilität in einzelnen EM eine starke Differenzierung und laufendes Positions-Management erforderlich macht.
Was die Anlageklasse „Anleihen“ als Ganzes betrifft, so setzen wir weiter auf unsere Anfang Dezember recht erfolgreich eröffnete Untergewichtung von Anleihen zu Gunsten einer Übergewichtung von Rohstoffen.
Ausblick – Aktienmärkte global
Kurzfristig neutral gewichtet; Omikron als kfr. Risikofaktor - und als Chance zum Aufstocken
Während Omikron die globalen Aktienmärkte im Dezember einige Male deutlich unter Druck brachte, dominiert derzeit die Hoffnung, dass der wirtschaftliche Schaden durch Omikron deutlich geringer ausfallen wird als vergangenen Winter. Während uns das kurzfristige Rückschlagsrisiko noch nicht gebannt erscheint, gehen wir davon aus, dass Corona im weiteren Jahresverlauf eine immer geringere Rolle für die Märkte spielen wird. Auch 2022 sollte deshalb das Umfeld in Summe positiv für die Aktienmärkte bleiben: Starkes Wirtschaftswachstum (geringer als im Boomjahr 2021 aber immer noch weit über dem historischen Schnitt); Steigende Unternehmensgewinne (global zweistellig); In Summe immer noch expansive Geldpolitik (trotz US-Zinsanhebungen, die inzwischen vom Zinsmarkt vollständig eingepreist sind, also nicht mehr überraschen sollten); Und nicht zuletzt weiterhin keine Anlagealternative zu Aktien auf der Zins- und Anleiheseite.
Ein Wermutstropfen sind inzwischen hohe Bewertungen in einzelnen Aktienmarktsegmenten; das betrifft aber vor allem den US-Markt, und dort v.a. einerseits spekulative Tech-Unternehmen und andererseits die großen US-Internetkonzerne. Der Rest des globalen Aktienmarktes ist im historischen Vergleich nicht überteuert (EM sogar günstig).
Ausblick – Aktienmärkte regional
USA: weiterhin kurzfristiger Outperformer bei Corona-Zuspitzung?
Kurzfristig bleiben wir innerhalb unserer Aktienmarktgewichtung noch etwas defensiver aufgestellt, um dem weiteren Corona-Risiko Rechnung zu tragen: Übergewichtung USA, Untergewichtung Europa & Schwellenländer (Emerging Markets).
Gerade in China (das die Emerging-Market-Indizes dominiert) besteht kurzfristig noch das Risiko, dass die Mischung aus ansteckenderer Omikron-Variante, dagegen weniger wirksamen nationalen Impfstoffen und Zero-Covid-Strategie noch einmal zu deutlich stärkeren wirtschaftlichen Einschränkungen führt. Auch die Schwäche in der chinesischen Bauwirtschaft dürfte andauern, trotz absehbarer weiterer Lockerungen bei Geld- und Fiskalpolitik.
Auf das Gesamtjahr 2022 gesehen bietet die drastische Underperformance von EM und insbesondere China im abgelaufenen Jahr aber interessante Chancen. Und auch Europa sollte im Jahresverlauf mit seiner Mischung aus (im Vergleich zu den USA) günstigerer Bewertung und zyklischerer Branchenausrichtung wieder attraktiv werden.
Strategische Asset Allocation
Aktien
Unser Aktienmodell hat Anfang November ein Kaufsignal für Europäische Aktien geliefert. Im Gegenzug haben wir unsere Position in US-Value-Aktien abgebaut. In Summe haben wir dadurch die Aktienquote auf rund 24 % angehoben und bevorzugen weiterhin günstig bewertete, "zyklischere Märkte" wie jene Europas, Japan und die Schwellenländer.
Staatsanleihen
Die Renditen der europäischen Staatsanleihemärkte befinden sich auf extrem niedrigen Niveaus. Auf Sicht der nächsten 5 Jahre erwarten wir hier niedrige (bzw. zum Teil negative) Erträge. Wir halten noch Positionen in Non-EUR Staatsanleihen und haben den Renditerückgang im Sommer für eine leichte Reduktion (AUDZinsrisiko) genutzt.
Unternehmens- & EM-Anleihen
Die Risikoaufschläge bei Unternehmensanleihen sind zuletzt etwas gestiegen. Doch noch immer befinden sich auch die Risikoaufschläge bei EUR Non-Financial IG-Anleihen und bei USD-Anleihen aus den Schwellenländern nahe dem teuersten Quartil seit 1998. Nach der Gewinnmitnahme im Q2 halten wir aber weiterhin Unternehmensanleihen im Investment Grade und EM-Währungen sowie EM-Hartwährungsanleihen.
Reale Assets
Wir haben die starke Performance bei inflationssensitiven Assets (durations-gehedgte Inflationsschutzanleihen, zyklische Rohstoffe, inflationssensitive Aktien und Währungen) auch im November genutzt, um die Position weiter zu verringern. Trotzdem sehen wir diesen Bereich als langfristig attraktiv an und haben hier (ge)wichtige Positionen.
Taktische Asset-Allocation Januar
- Wirtschaft: Vorlaufindikatoren: hohes Niveau, aber rückläufige Dynamik; Omikron/neue Lockdowns als kurzfristiges Abwärtsrisiko; Kurzfristiger Gegenwind (Inflation, Lieferengpässe), aber starker Ausblick für Wachstumsniveau 2022 intakt; Starker Arbeitsmarkt und hohe Inflationsraten nähren Sorge vor Lohn-Preis-Spirale
- Unternehmen: Positives Gewinnwachstum auch 2022
- Sentiment: Omikron-Ängste von Anfang Dezember inzwischen abgeklungen
- Markttechnik: Große Indizes (S&P 500, MSCI World) weiter im Aufwärtstrend
- Spezialthemen: Omikron, Lockdowns; Tapering, Inflation, Stagflation
- Positionierung: Unverändert: Untergewichtung Anleihen, Übergewichtung Rohstoffe
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