Die Stimmung an den Börsen ist wieder besser – das ist zumindest ein Ergebnis der aktuellen Fondsmanager-Umfrage im November. Gleichzeitig deutet sich zumindest in den USA das Ende der Gewinnrezession an. Ist damit das Fundament für eine bevorstehende Rallye an den Börsen vorhanden? Diese Frage werde ich im aktuellen Frankfurter Investmentblog auf den Grund gehen.
Zunächst geht der Blick auf die Gewinnsituation in den USA und in Europa. Die Unterschiede sind hier doch gravierend. So zeichnet sich in den USA tatsächlich ein Ende der Gewinnrezession ab. In den vergangenen drei Quartalen waren die Gewinne im S&P 500-Index gesunken, was sich auch im abgeschlossenen dritten Quartal fortsetzen dürfte. Bezogen auf das vierte Quartal 2023 deutet sich jedoch eine Trendwende an: Dann soll es mit den Gewinnen wieder um knapp sechs Prozent nach oben gehen. Noch besser sind die Aussichten für die ersten beiden Quartale des kommenden Jahres. Hier erwarten die Analysten nach Angaben des Datenanbieters Refinitiv bei den S&P 500-Unternehmen Gewinnsteigerungen von +7,8 Prozent (Q1/2024) und sogar von 11,3 Prozent für das zweite Quartal 2024.
Trotz der jüngsten Rückgänge soll es auf Sicht des gesamten Jahres 2023 immerhin noch einen kleinen Gewinnanstieg von 2,3 Prozent geben. 2024 erwarten die Analysten dann eine deutliche Steigerung auf rund elf Prozent.
Bei der Beurteilung der aktuellen Lage ist auch die Bandbreite der Gewinnentwicklung wirklich spannend. Im Segment der Communication-Services sind die Gewinne im abgeschlossenen dritten Quartal um 46 Prozent gestiegen. Am anderen Ende des Spektrums rangiert der Energiesektor mit einem massiven Gewinnabsturz um 33 Prozent. Daraus jedoch eine attraktive Einstiegsbasis für Energiewerte abzuleiten, greift an dieser Stelle klar zu kurz.
Denn speziell der Energiesektor weist traditionell starke Gewinnschwankungen auf. Das liegt schlicht und einfach an der starken Abhängigkeit der Unternehmen von den Energiepreisen. Die Daten sehen in diesem Jahr nun sehr schwach aus. Doch dabei darf man nicht vergessen, dass 2022 wiederum ein Ausnahmejahr für den Energiesektor war.
US-Gewinne vor der Trendwende – Europa hängt in der Gewinnrezession
Insgesamt ist die Basis für das dritte Quartal, bezogen auf die Bilanzdaten, schon sehr stabil für den S&P 500-Index. Immerhin haben schon mehr als 450 der 500 Indexmitglieder die aktuellen Zahlen vorgelegt. In Europa hingegen ist die Datenbasis noch deutlich kleiner. Hier haben erst knapp 250 Unternehmen im marktbreiten Stoxx600-Index die aktuellen Unternehmenszahlen präsentiert. Größter Unterschied zu den USA: Sowohl beim Umsatz als auch beim Gewinn ging es im dritten Quartal 2023 im Vorjahresvergleich zurück. Mit 10,3 Prozent ist der Gewinnrückgang bislang größer ausgefallen als der Umsatzrückgang. Hier haben die Stoxx600-Unternehmen im dritten Quartal nur 7,6 Prozent weniger umgesetzt. Umgekehrt haben lediglich 55 Prozent der Unternehmen die Erwartungen beim Gewinn übertroffen und sogar nur knapp 50 Prozent beim Umsatz.
Grundsätzlich befindet sich der Stoxx600 mitten in der Gewinnrezession. Laut der aktuellen Schätzungen bei Refinitiv wird es wohl erst im zweiten Halbjahr 2024 zur Wende kommen. Dennoch ist Europa aus einem Gesichtspunkt sehr interessant: Die Bewertungen sind zuletzt noch einmal zurückgekommen. Das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) im Index liegt bei 11,7 und notiert damit weit unter dem 10-Jahres-Durchschnitt von 14,4.
Fahrplan 2024: Soft landing der USA und ein schwächerer Dollar
Wie schätzen nun die globalen Fondsmanager das kommende Jahr ein? Darauf liefert der monatliche Global Fundmanager Survey der Bank of America klare Antworten. Für die Mehrheit der Profis hält der Fahrplan 2024 folgendes Szenario bereit: Ein „soft landing“ der USA, verknüpft mit sinkenden Zinsen und flankiert von einem schwächeren Dollar. Gleichzeitig soll sich der Bullenmarkt für große High-Tech-Aktien und ausgewählte Pharmawerte fortsetzen. Dabei scheuen die Investmentprofis weiterhin chinesische Aktien und den Einsatz von Hebelinvestments.
Bei der Positionierung hat sich in den vergangenen vier Wochen viel getan: So haben die globalen Fondsmanager den Cashbestand von dem zuletzt hohen Wert von 5,3 Prozent jetzt wieder auf nur noch 4,7 Prozent verringert, das ist immerhin der niedrigste Wert seit zwei Jahren. Gleichzeitig sind die globalen Fondsmanager so stark bei Anleihen übergewichtet wie seit dem März 2009 nicht mehr. Wir erinnern uns: damals tobte die globale Finanzkrise und im März 2009 markierten die globalen Aktienmärkte den Tiefpunkt innerhalb der Krise.
Bezogen auf die Makrofaktoren erwarten immerhin 57 Prozent der Experten auf Sicht der kommenden zwölf Monate ein schwächeres globales Wirtschaftswachstum. Bei der Zinsentwicklung haben wir wohl in den USA den Höhepunkt erreicht. Das sehen immerhin 76 Prozent der Befragten so. Sie erwarten keine weitere Zinserhöhung in den Vereinigten Staaten. Im Vergleich zum Vormonat (60 Prozent) ist der Wert damit massiv gestiegen und erreicht den höchsten Stand seit Mai 2023, als diese Frage in die Umfrage mit aufgenommen worden ist.
Geopolitik ist aktuell das größte Risiko – und kann es 2024 auch noch bleiben
In jeder Umfrage enthalten ist die Fragen nach den größten aktuellen Risiken an den Finanzmärkten. Hier hat es eine klare Änderung gegeben. Nach etlichen Monaten auf dem ersten Platz der Risiken ist das Thema der weiterhin hohen Inflation nun nur noch auf Platz zwei zu finden. Im Juli sahen das noch 45 Prozent als größtes Risiko an – jetzt waren es nur noch 25 Prozent. Zwischenzeitlich haben die geopolitischen Risken den Spitzenplatz erobert mit einem Wert von 31 Prozent, im September lag der Wert noch bei nur 14 Prozent. Der Gaza-Konflikt hat hier ohne Frage zur Verschärfung beigetragen und es ist gut möglich, dass uns dieses Top-Risiko auch noch weit in das Jahr 2024 hineinbeschäftigen wird.
Auf Basis der Gewinnentwicklungen und -schätzungen und auch im Hinblick auf die Erwartungen der globalen Fondsmanager ist der Ausblick für 2024 vorsichtig optimistisch. Über allem schweben aber die großen geopolitischen Risiken, die sich nicht wirklich gut prognostizieren lassen und die sicherlich das Potenzial haben, die globalen Finanzmärkte stark unter Druck zu setzen.
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